Mascha Unterlehberg
Belletristik-Couch-Redakteur André C. Schmechta sprach mit Mascha Unterlehberg über ihren Debüt-Roman „Wenn wir lächeln“.

"Meine Figuren sind Mädchen, später junge Frauen und sie suchen Orte auf, von denen auch ich als Jugendliche umgeben war. Es hat sich also gleichzeitig wie ein Zurückkehren und wie ein Weiter- oder Umschreiben eigener Erinnerungen angefühlt."
Belletristik-Couch.de:
„Wenn wir lächeln“ ist ihr Roman-Debüt. Wie lange haben Sie daran gearbeitet und wie fühlt es sich an, ihn nun endlich veröffentlich zu sehen?
Mascha Unterlehberg:
Insgesamt habe ich ungefähr vier Jahre an dem Roman gearbeitet, mit einigen Pausen dazwischen. Die intensive Lektoratsphase hat dann sechs Wochen gedauert. Und es ist ein unglaublich schönes Gefühl, das Buch jetzt in Buchläden zu sehen und erste Rückmeldungen zu bekommen. Das hat sich in den ersten Tagen noch unwirklich angefühlt, aber langsam wird es realer. .
Belletristik-Couch:
Wie ist die Idee zu dem Roman entstanden? Gab es einen speziellen Auslöser?
Mascha Unterlehberg:
Ich wusste früh, dass ich von einer intensiven Freundinnenschaft zwischen zwei jungen Frauen erzählen will. Mich hat dabei vor allem die Frage interessiert, wie nah sich zwei Menschen sein können und wo trotz allem Grenzen verlaufen - etwa, wenn über bestimmte Dinge nicht gesprochen wird.
Und ich glaube, dass sich Freundinnenschaften gerade in jungen Jahren oft besonders groß und intensiv anfühlen. Dieses Gefühl wollte ich in den Text hineintragen. Weil meine beiden Figuren Jara und Anto in den Nullerjahren im Ruhrgebiet aufwachsen, hat für mich auch diese Zeit und die Umgebung beim Schreiben eine Rolle gespielt. Die Erfahrungen, die Jara und Anto mit der Außenwelt machen, haben sich aus diesen Rahmenbedingungen entwickelt.
Belletristik-Couch.de:
Jara oder Anto, welche der Figuren steht ihnen näher, oder trägt sogar ein paar Züge ihrer Erschafferin?
Mascha Unterlehberg:
Das ist schwierig zu sagen. Ich würde sagen, anfangs stand Anto im Zentrum und ich bin mit Jara, der Ich-Erzählerin um sie gekreist. Anto hat das Tempo vorgegeben und bestimmt, wo es langgeht. Immer mehr hat sich dann auch Jara entwickelt, hatte Gedanken und Gefühle, die sie vor Anto geheimgehalten hat und denen ich nachgehen wollte. Für mich ist es aber vor allem die Dynamik zwischen den beiden, die mich beim Schreiben interessiert hat. Beide stehen mir nahe und ich kann ihre Gefühle nachempfinden, auch wenn sie sich nicht immer moralisch einwandfrei verhalten.
Belletristik-Couch.de:
Sie sind in Mülheim an der Ruhr geboren, eine Szene auf einer Brücke an der Ruhr ist zentrales Element des Romans. Was im Besonderen verbinden Sie mit der Region?
Mascha Unterlehberg:
Für mich ist das Ruhrgebiet der Ort meiner Kindheit und Jugend, ein Zuhause. Es hat sich sehr natürlich angefühlt, die Geschichte von Jara und Anto hier spielen zu lassen, weil ich die Gegend aus meinem eigenen Aufwachsen kenne. Meine Figuren sind Mädchen, später junge Frauen und sie suchen Orte auf, von denen auch ich als Jugendliche umgeben war. Es hat sich also gleichzeitig wie ein Zurückkehren und wie ein Weiter- oder Umschreiben eigener Erinnerungen angefühlt.
Belletristik-Couch.de:
Herausfordernd, aber ebenso faszinierend ist der außergewöhnliche Aufbau des Romans mit seinen verschachtelten Zeitebenen. Wie haben Sie diese beim Schreiben organisiert?
Mascha Unterlehberg:
Die Geschichte folgt Jara, der Ich-Erzählerin und ihrer subjektiven Wahrnehmung in einem Moment, in dem sie unter Schock steht. Wir sind sehr nah an ihren Empfindungen, ihren Gedanken und Erinnerungen und springen mit ihr durch die Zeit. Der Text ist also nicht chronologisch, sondern assoziativ aufgebaut und genau so habe ich versucht, zu arbeiten: Ich habe Szenen geschrieben, die ein bestimmtes Gefühl greifen sollten und diese später in immer neuen Versuchen miteinander verbunden. Vieles ist dabei wieder herausgefallen, erst ganz am Ende stand eine Struktur, die sich sehr intuitiv und richtig angefühlt hat.
Belletristik-Couch.de:
War ihnen von Anfang an klar, welches Ende Jara und Anto nehmen werden?
Mascha Unterlehberg:
Ohne zu viel vorwegzugreifen: Ich hatte eine ungefähre Idee, was am Ende passieren muss, wusste aber nicht genau, in welcher Weise ich es erzählen will. Aber es gab einen Punkt ungefähr in der Mitte des Schreibprozesses, in dem die letzten Kapitel bereits geschrieben waren - ohne dass feststand, dass es sich hierbei wirklich um die letzten Kapitel handeln würde.
Belletristik-Couch.de:
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft? Arbeiten Sie schon an einem neuen Werk?
Mascha Unterlehberg:
Bis Ende März bin ich mit einem Stipendium in Paris und habe Zeit, Ideen für ein neues Projekt zu sammeln. Ab April habe ich einige Lesungen in verschiedenen Städten und freue mich sehr darauf, über den Roman mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Und parallel dazu hoffe ich natürlich, Zeit zum Schreiben zu finden und an etwas Neuem zu arbeiten.
Das Interview führte André C. Schmechta im Februar 2025.
Foto: © Birte Filmer
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