07.2018 Pünktlich zum Erscheinen ihres Roman-Debüts »Mittendrin ein neuer Anfang« traf Belletristik-Couch.de die Autorin Melanie Brandl zum Interview.

Der Held ist ein reiner, sein Ich durch Alkohol betäubender Befehlsempfänger.

Belletristik-Couch.de:
Wie kam es zur Idee von „Mittendrin ein neuer Anfang“?

Melanie Brandl:
Die Idee entstand aus einer persönlichen Situation heraus, als ich 2013 völlig unerwartet mit der Diagnose „Gehirntumor“ konfrontiert wurde. Während mein Umfeld vor allem entsetzt reagierte, kam mir das alles erst einmal völlig surreal vor, als sei ich einfach im falschen Film. Dazu kam, dass mein Leben ja trotz allem weiterging: Ich habe drei Kinder, einen Ehemann, meinen Beruf als Journalistin… Auch wenn die zwei Operationen, die ich überstehen musste, einiges durcheinanderbrachten, blieb die Basis dieselbe.

In der Zeit nach den OPs habe ich oft darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn ich diese Diagnose zwanzig Jahre früher bekommen hätte. Hätte ich dann noch Kinder bekommen? Hätte ich mein Studium beendet? Was wäre gewesen, wenn ich zu diesem Zeitpunkt dann einen Mann kennengelernt hätte – hätte ich ihm sofort zu Beginn von meinem Tumor im Kopf erzählt und riskiert, dass er wegläuft oder aber nur aus Mitleid bleibt? Und wenn ich es ihm nicht gleich erzählt hätte – wann dann?

Zudem habe ich durch die Krankheit eines ganz deutlich erkannt: Man muss sein Leben leben. Jetzt. Nicht irgendwann. Und man muss die kleinen Dinge genießen.

Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Idee zu „Mittendrin ein neuer Anfang“. Ich wollte eine Geschichte erzählen, in die ich viel aus meinen eigenen Erfahrungen einbringen konnte, die aber nicht meine eigene Geschichte ist. Und die genau das vermittelt: Man muss bewusst das Leben leben. Aber nicht, indem sie pädagogisch wertvoll den Zeigefinger erhebt oder schwermütige Betroffenheit beschwört, sondern indem sie unterhaltend Mut macht.

Belletristik-Couch.de:
Worin finden Sie Inspiration?

Melanie Brandl:
Inspiration finde ich meist in meinem ganz normalen Alltag. Ich beobachte meine Umgebung, und oft bringen mich Kleinigkeiten auf neue Ideen. Gleichzeitig bin ich aber auch Kulturjournalistin und lese dadurch selbst viele Bücher, das trägt sicher auch zur Inspiration bei.

Belletristik-Couch.de:
Der erste Satz: Herausforderung oder Albtraum?

Melanie Brandl:
Herausforderung. Definitiv. Es ist der Einstieg in eine Geschichte – für mich und für die Leser. Wenn ich schreibe, habe ich zwar einen groben roten Faden vor Augen und ein vages Ziel im Visier, aber die ganz konkrete Handlung selbst entwickelt sich tatsächlich erst während des Schreibens und macht mir genau so viel Spaß wie später – hoffentlich! – meinen Lesern.

Belletristik-Couch.de:
Welches sind Ihre Lieblings-Charaktere in der Literatur?

Melanie Brandl:
Ich lese viel zu viel, um mich da auf einzelne Charaktere zu beschränken. Meist sind es die Figuren, die in den Büchern eine Rolle spiele, die ich vor kurzem gelesen habe und die „hängen geblieben“ sind in meinem Kopf und nicht in der Masse der literarischen Figuren, die mir als Literaturkritikerin begegnen, untergehen. Aktuell ist das Selma zum Beispiel aus Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“ oder Juliette aus Christine Féret-Fleurys „Das Mädchen, das in der Metro las“. Dazu kommen natürlich Klassiker wie z.B. Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren, da die mir geholfen haben, schon ganz früh meine Begeisterung für`s Lesen zu entdecken.

Belletristik-Couch.de:
Wie sind Sie Schriftstellerin geworden?

Melanie Brandl:
Ich schreibe eigentlich schon immer. Als Kind habe ich kleine Geschichten auf Zettel notiert, später Germanistik studiert und schon während des Studiums als Journalistin gearbeitet. Allerdings hat mir immer die Zeit für ein richtiges Buch gefehlt. Diese Zeit hat sich dann zum ersten Mal quasi zwangsmäßig durch meine Tumorerkrankung ergeben, da ich zwei Jahre danach nicht Autofahren durfte und dadurch viel mehr zuhause war als früher. Damit schließt sich der Kreis: So mühsam und hart die Zeit nach den Operationen war, sie hat mir gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet, das zu tun, was ich schon lange geplant hatte: Einen Roman zu schreiben.

Belletristik-Couch.de:
Woran arbeiten Sie zurzeit?

Melanie Brandl:
 Tatsächlich an meinem zweiten Roman, der aber keine Fortsetzung zu „Mittendrin ein neuer Anfang“ sein wird. Mir ist bewusst, dass das Ende relativ offen ist – aber das ist Absicht: Das Leben endet nicht irgendwo ganz oben oder ganz unten. Es geht weiter, mit Höhen und Tiefen. Und jeder Einzelne hat in der Hand, wie er damit umgeht und was er daraus macht.

Das neue Buch hat einen männlichen Protagonisten und nichts mehr mit Tumoren zu tun. Die Frage aber, ob es tatsächlich ein Rezept dafür gibt, wie man glücklich wird, bleibt Thema. Mehr wird noch nicht verraten….

Melanie Brandl auf Belletristik-Couch.de:

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