Raum

  • London: Picador, 2010, Titel: 'Room', Seiten: 321, Originalsprache
  • Hamburg: Osterwold Audio, 2011, Seiten: 5, Übersetzt: Matthias Brandt
Raum
Raum
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Myra Wehbrink
981001

Belletristik-Couch Rezension vonSep 2011

Atemraubend

Vorweg: Emma Donoghues Roman Raum ist das, was ich ein unglaubliches Leseerlebnis nenne. Obwohl Leseerlebnis fast schon zu kurz gegriffen ist. Audrey Niffenegger formuliert es präzise im Klappentext: "Wenn du Raum gelesen hast, mag die Welt noch sein, wie sie ist. Aber du selbst hast dich verändert."

Jacks Welt

Jack ist fünf. Davor war er vier, drei, zwei, eins und dann ist er in Mas Bäuchlein passiert. Durchs Oberlicht ist er vom Himmel gefallen. Seit diesem Zeitpunkt ist Raum seine ganze Welt. Er ist dort geboren. Seine Freunde sind Licht, Teppich, Pflanze und Schrank und die Leute im Fernsehen. Jack fehlt es an nichts. Er spielt, bastelt, liest, macht Sport. Es wird gemeinsam gegessen und gekuschelt. Doch irgendetwas lässt das Bild verzerrt wirken, wie nicht ordentlich belichtet. Als käme hinter dem Foto, das Papier zum Vorschein.

Die Sprache eines Fünfjährigen

Jack schildert seine Umgebung mit der Phantasie und Naivität eines Kindes. In einer Sprache, der ich so in einem Roman bis jetzt noch nicht begegnet bin Sie ist der Grund dafür, dass wir uns anfangs sicher fühlen und nur selten hinter die Wände von Raum schauen. Irgendwann wird klar, Jack lebt mit seiner Ma nicht freiwillig dort. Doch die schrecklichen Hintergründe lassen sich nur erahnen. Wird die Befürchtung zur Gewissheit, hofft man für Jack, dass er weiter an dem Glauben festhält, Old Nick sorgt für seine Ma und ihn. Sowie das geschlossenene Türen eben geschlossene Türen sind.

Entlügen

An dem Punkt. an dem Jack die Wahrheit erfährt - und wir gleich mit - setzt eine Spannung ein, die es unmöglich macht, Raum aus der Hand zu legen. Die Auflösung benötigt jedoch nicht mehr die restlichen Seiten des Buches und was dann folgt, macht es zu einem Ausnahmeroman.

Wie geht es weiter?

Angereichert mit medizinischen, psychologischen und auf die Figuren zugeschnittenen Schilderungen, die dem Leser Perspektiven eröffnen, die ihm am Anfang des Buches nicht in den Sinn gekommen wären, bekommt der Roman eine weitere Ebene. Donoghue verbindet authentisches wissenschaftliches Material so gekonnt mit der Fiktion, dass man an vielen Stellen von der verblüffender Präzision überwältigt ist. Die Distanz zwischen Leser und Figur löst sich teilweise gänzlich auf.

Gerade Jacks Sicht eröffnet ein Spektrum an Gefühlen, die durch die Augen des erwachsenen Lesers, an Intensivität gewinnen. Die Möglichkeit, in seiner Perspektive zu verweilen, lässt uns Zeit zum Verschnaufen, Zeit uns zu sammeln. Bis wir wieder in der Lage sind, der Realität ins Gesicht zu schauen.

Auch wenn die Hintergrundgeschichte (die übrigens auf wahren Begebenheiten beruht) anfangs mehr als abschreckend wirkt, ist der Roman zu empfehlen. Was er bereithält, lässt sich schwer in Worte fassen und sollte gerade deswegen erlebt werden. 

Raum

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