Was du liebst, gehört dir nicht

  • : C. Bertelsmann, 2012, Titel: 'Was du liebst, gehört dir nicht', Seiten: 352, Übersetzt: Astrid Arz
Was du liebst, gehört dir nicht
Was du liebst, gehört dir nicht
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Rita Dell'Agnese
671001

Belletristik-Couch Rezension vonJun 2012

Was Du liebst gehört dir nicht

Die britische Autorin Louise Doughty beschert in "Was du liebst gehört dir nicht" ihrer Protagonistin Laura den schlimmsten Moment, den Eltern erleben können: Sie verliert ihre neunjährige Tochter Betty durch einen Autounfall. Fassungslos vor Trauer und Schmerz versucht Laura, mit dem Verlust umzugehen und zerbricht fast daran. Innerlich nicht bereit, loszulassen, verweigert sie sich dem Leben. Mit der Konsequenz, dass sie sich auch außerstande sieht, ihrem kleinen Sohn Rees gerecht zu werden. Lauras Exmann David springt ein und nimmt den Jungen zu sich – sowie zu seiner neuen Frau Chloe und dem gemeinsamen Baby. Für Laura bedeutet dies, dass sie sich nicht nur mit dem Verlust ihrer Tochter auseinandersetzen muss, sondern sich dem Thema Loslassen ganz allgemein stellen muss.

Auch wenn es sich aufgrund des Klappentextes so anhört: Die Autorin serviert ihren Lesern keineswegs eine berührende, wenngleich schlichte Geschichte über Loslassen und Festklammern. Zunächst fast unmerklich entspinnt sich ein Psychothriller, der beachtliches Potenzial hat. Was zunächst als zentrales Thema im Raum steht – nämlich der durch einen Wiederholungstäter verursachte Unfalltod der kleinen Betty – wird nach und nach von der eigentlichen Geschichte verdrängt - Der Geschichte einer zehrenden Liebe, eines Verrats und viel Hass. Die langsame Wendung des Themas gelingt der Autorin recht gut. Und dennoch vermag Doughty mit ihrem Roman nicht so zu überzeugen, wie es ihr mit einer besseren Umsetzung möglich gewesen wäre.

Auf dem Weg zu einem temporeichen Finale verliert sich Louise Doughty zu sehr in den von Selbstmitleid durchzogenen psychischen Zusammenbrüchen Lauras. Zwar ist der Schmerz um den Verlust der Tochter nachvollziehbar, wie auch die Handlungen der verstörten Mutter bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar sind. Doch mit der Zeit schleicht sich ein diffuses Gefühl von Überdruss ein. Je mehr die Autorin auf Lauras Verhalten eingeht, desto deutlicher treten Längen zutage, die der Geschichte nicht gut tun. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass die anfänglich Empathie für die trauernde Mutter in eine kühle Distanz umschlägt. An sich zeugt es vom Können eines Autors, wenn er es versteht, sein Publikum in ein Wechselbad von Gefühlen zu tauchen. Doch hier sind es weniger Gefühlswallungen, die auf die Stimmung drücken, denn schlichte Langeweile. Die Geschichte läuft eine ganze Weile Gefahr, in Durchschnittlichkeit zu versanden, bis sie wieder deutlich an Tempo zulegt und durch einige unerwartete Wendungen den Leser nochmals zurück zum Geschehen holt - kurz bevor er das Buch mit einem Schulterzucken aus den Händen legen würde.

Louise Doughty spielt gekonnt mit der Sprache und dem Plot. Wäre nicht der in die Länge gezogene Mittelteil mit einigen unnötigen Übertreibungen, hätte sie ein durchaus bemerkenswertes Werk vorgelegt. So steht sie sich jedoch selber im Wege und siedelt ihren Roman lediglich im guten Mittelfeld an. Der Roman, auf den ersten Blick ein Drama um den Verlust eines Kindes, erzählt vom Scheitern einer Ehe und dem Unvermögen der Beteiligten, tatsächlich loszulassen - aufgebaut mit psychologischem Geschick und mit einem geschulten Blick für die Abgründe der menschlichen Seele. Schade nur, dass die Autorin sich zeitweise zu stark auf die Thriller-Schiene begibt, sie nimmt damit ihrem Roman etwas von seiner feinen Substanz. Zurück bleibt eine gleichermaßen unterhaltende wie auch stellenweise überraschende Geschichte, bei der man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass mit einer gekonnten Straffung der Längen noch einiges mehr herauszuholen gewesen wäre.

Was du liebst, gehört dir nicht

Louise Doughty, C. Bertelsmann

Was du liebst, gehört dir nicht

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