Hundert Liebhaber und keine Liebe
Sophie van der Stap ist ein besonderer Mensch. Jung (geboren 1983 in Amsterdam), mutig und voller Leben. Jetzt. Wieder. Bekannt geworden nämlich ist die junge Autorin mit Wohnsitz in Paris durch ihre beiden autobiographischen Bücher "Heute bin ich blond" und "Morgen bin ich wieder da", in denen sie sich offen mit ihrer Krebserkrankung auseinander setzt. Jetzt ist Sophie van der Stap zurück auf der Literatenbühne. Mit einem Roman. Ihrem ersten. Der Titel: "Was, wenn es Liebe ist."
"Was, wenn es Liebe ist", kommt zunächst ein wenig flach daher. Da ist Tara, jung, schön, sie begehrt und ist begehrenswert. Ein moderner Mensch ist sie, in einer modernen Stadt: Paris. Tara pflegt ihren Blog, ist auf facebook aktiv und versorgt die Nation mit nichtigem Geschwätz in einer Abendshow.
Marianne. Marianne de Grenelle, 63 Jahre, alleine, sieht man von ihrem dicken Kater Olive ab und ihrem Papagei, der irgendwann verstummte. Marianne ist blind, verließ die große Liebe in dem Glauben, ihre Erkrankung würde sie ohnehin zerstören. Seitdem trauert sie ihrer großen Liebe hinterher und versucht zeitgleich, Tara auf den richtigen Pfad der "wahren" Liebe zu bringen. Egal ob mit Mann Nummer sechs – oder mit Nummer siebzehn. Der Einfachheit halber sind Taras Männer nach den Arrondissements benannt, in denen sie leben.
"Der Postbote?"
"Nein, nein, der vom letzten Sommer, weißt du noch?"
"Arrondissement?"
"Fünfzehntes."
"Ah ja. Der eine, der nur Nudeln gegessen hat."
Und dann ist da noch Julia. Italienerin mit Temperament, Inhaberin einer Reinigung und immer auf dem neuesten Stand der Dinge. Die Zeitung der Pariser Rue de Désir quasi, der Straße des Wunsches.
Sophie van der Stap erzählt locker. Sie kreiert in "Was, wenn es Liebe ist", einen Stil, der sich aus Sicht der Ich-Erzählerin (Marianne), aus einem Blog (www.toutetara.fr) und aus dem Einfließen weniger weiterer Personen zusammensetzt. Interessant ist, dass die scheinbar moderne Bloggerin Tara sich zum Ende des Romans hinsetzt, Stift und Papier zur Hand nimmt, und ihrer wohl besten Freundin Marianne, die sie immer als die unsichtbare Nachbarin beschreibt, per Brief über alles in Kenntnis setzt. Ein schweres Unterfangen für die blinde Marianne. Muss sie doch erst in dem jungen Briefträger einen Verbündeten suchen, der für sie liest und schreibt.
Van der Staps Roman ist weit weg vom literarischen Olymp. Dennoch ist ihre Geschichte schön, klug verfasst, moderne Medien spielen eine Rolle und die Sprache von heute wird genutzt. Allerdings verleiht van der Stap ihren Figuren wenig Tiefgang. Nur an manchen Stellen blinzelt er durch, dann werden Themen wie Liebe angerissen, Glück, die Suche nach dem Sinn des Lebens. Oberflächlichkeiten dominieren die meisten Passagen: Aussehen, Geld, Luxus, Beruf, ein knackiger Hintern. Dabei hilft es auch nicht, dass van der Staps Protagonistin sich ständig der Zitate des Oberdandys Oscar Wildes bedient, ihn als Seelenverwandten zu Rate zieht.
An ihre beiden autobiographischen Werke zumindest reicht "Was, wenn es Liebe ist", nicht heran. Was vielleicht auch ein anmaßender Anspruch ist, da der Unterschied zwischen dem Verarbeiten der eigenen Vita - gerade der Lebensgeschichte einer jungen Frau wie Sophie van der Stap - und der Gestaltung einer Kunstfigur, himmelweit ist.
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