Tesla elektrisiert - immer noch
Nikola Tesla (1956 – 1943) gehört ohne Zweifel zu den tragischsten Helden der Wissenschaft. Auf der einen Seite hat er eine ganze Fülle von bahnbrechenden Erfindungen gemacht und hat mit seinem Wechselstrom entscheidend dazu beigetragen die Welt zu elektrisieren, auf der anderen Seite hat er es nie geschafft, die Meriten für seine Arbeit einzuheimsen. Er starb verarmt, verbittert und völlig vereinsamt..
Teslas Genie wurde schon in seiner Jugend offenbar. Er sprach acht Sprachen flüssig und konnte ganze Bücher nach einmaligem Lesen auswendig. Andererseits brachte er es auch fertig, zwei Universitäten, sowie1879 gleich der Stadt Maribor verwiesen zu werden. 1884 zog er ohne nennenswerte Barschaften aus seiner Heimat im heutigen Kroatien nach New York, wo er bei Thomas Alva Edison zu arbeiten begann. Hier hätte Teslas Odyssee wohl auch sein Ende finden können, hätte Edison sein Talent und vor allem die Vorteile von Teslas Wechselstrom erkannt. Stattdessen zerbrach die Zusammenarbeit an Gehaltsfragen, und der Grundstein für den kommenden "Stromkrieg" war gelegt.
Dem Leben dieses genialen Erfinders nimmt sich der französische Schriftsteller Jean Echenoz an, der damit gleichzeitig sein dreiteiliges Erzählprojekt "Drei Leben" abschließt. In den beiden früheren Büchern widmete er sich Maurice Ravel und dem Läufer Emil Zátopek. Nach der Kunst und dem Sport nun also die Wissenschaft! Obwohl sich diese drei Personen auf völlig verschiedenen Feldern betätigt haben, war ihnen eines gemeinsam: Sie hatten ein geniales Talent, das für sie nicht nur Segen bedeutete. Man denke an Ravel, der kurz vor seinem Tod noch ausrief: "Ich habe noch so viel Musik im Kopf. Ich habe noch nichts gesagt. Ich habe noch alles zu sagen."
Echenoz nimmt sich dabei kaum künstlerische Freiheit heraus. Nachdem er akribisch unzählige Quellen studiert hat, zeichnet er Teslas Lebenslauf authentisch und historisch korrekt. Nur hier und da schmückt er Teslas Biographie aus. Heraus kommt eine biographische Erzählung, die man nur an wenigen Stellen von einer flott geschriebenen Biographie unterscheiden kann.
In Teslas Fall wäre ausuferndes Beiwerk auch denkbar unnötig – sein Leben spricht für sich selbst. Der Mann, der den Wechselstrom erfunden hat, hat sein ganzes Leben zölibatär gelebt. Der Mann, der Jahrzehnte vor allen anderen mit Neonröhren experimentiert hat, war sich trotz seiner Keimphobie sicher, eine Liebesbeziehung mit einer Taube zu führen. Der Mann, der noch vor Markoni den Funk erfunden hat, war sich sicher, mit Außerirdischen in Kontakt zu stehen. Der Mann, der ein Star der New Yorker High Society war und es sich leisten konnte, ihm zustehende Zahlungen in Millionenhöhe schlicht auszuschlagen, lebte den größten Teil seines Lebens auf Pump und starb vollkommen verarmt.
"Vergessen wir nicht, dass die schönsten Erfindungen oft die schönsten Geschichten haben. Denn wie entstand zum Beispiel der elektrische Stuhl? Aus einer Werbekampagne."
Ob nun die Erfindung des elektrischen Stuhles eine "schöne" Geschichte ist, sei einmal dahingestellt. Interessant ist sie allemal. Wer weiß schon, dass er vor allem für den Zweck entworfen wurde, Teslas Erfindung des Wechselstroms in Misskredit zu bringen? Man kann sich sicherlich darüber streiten, wie viel Phantasie solch eine belletristische Biographie verträgt. Oder besser: vertragen hätte! Denn der Autor hält sich, wie gesagt, immer nah an den belegten Fakten dieses genialen und doch tragischen Lebens. Lesern, die auch nur einen Funken Interesse an Wissenschaftsgeschichte haben, wird "Blitze" helle Freude bereiten.
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