Familienpuzzle über Generationen hinweg
Wie viel ist über die eigene Familie bekannt? Emma Blaxland ging eigentlich davon aus, dass ihr die eigene Geschichte bis in die Generation ihrer Großmutter relativ vertraut ist. Nach einem Sturz, der ihre Karriere als Primaballerina jäh beendet, ihr aber gleichzeitig auch als Schlüssel zum Nachlass ihrer Großmutter dient, muss sie erkennen, dass sie eigentlich kaum etwas über die eigene Herkunft weiß. Emma macht sich auf eine Reise in die Vergangenheit und rekonstruiert mit Hilfe von Fotos und Briefen, die sie in ihrem Erbe vorfindet, was damals geschehen sein muss.
Die australischen Autorin Kimberly Wilkins gewann bereits verschiedene Auszeichnungen, unter anderem den "Romantic Book of the Year Award" oder den "Aurealis Award" ihres Heimatlandes. Neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin arbeitet sie als Dozentin und lebt mit ihrer Familie in Brisbane in Australien, dem Land, in dem auch ihr aktueller Roman spielt. Neben den "Romantic Books" ist die 42-Jährige erfolgreiche Kinder- und Jugendbuchautorin und auch in der Horror- und Fantasy-Szene bekannt.
Wilkins Roman erzählt die Geschichte einer Familie aus Sicht zweier Generationen und beschreibt die Erlebnisse der Großmutter Beattie im Tasmanien der 1940er bis 1960er Jahre, die von ihrer Enkelin Emma - beim Durchforsten des Nachlasses - wieder lebendig werden. Aber auch in Emmas Leben läuft nicht alles wie geplant. Mit dem unerwarteten Aus als Tänzerin endet auch ihre Beziehung, bis sie sich schließlich zwischen zwei Männern entscheiden muss: Will sie ihren alten Freund zurück oder ist sie offen, sich auf einen neuen Partner einzulassen?
Ihre Geschichte wechselt zwischen den beiden Protagonistinnen Beattie und Emma. Emma, die in der Gegenwart versucht, das Leben der Großmutter zu entschlüsseln, und was seinerzeit wirklich geschehen ist, hin und her. Der Leser kennt schließlich die Hintergründe, aber je weiter sich der Roman fortsetzt, desto näher kommt auch die Enkelin den Geheimnissen auf die Spur.
Der Roman scheint zunächst aus zwei separaten Geschichten zu bestehen, die keine Verbindung zueinander zu haben scheinen. Liegt der Fokus im ersten Drittel des Romans stark auf Beatties Leben, verlagert sich der Schwerpunkt, je weiter der Roman fortschreitet, auf Emma. Bis es Emma gelingt, das Puzzle um ihre Familiengeschichte zu lösen. Sie kommt verbotenen Liebschaften, Trennungen und verletzter Ehre auf die Spur, erkennt, welche Bedeutung der öffentliche Ruf und die Ehrbarkeit einer Frau seinerzeit hatten und welche Konsequenzen es hat, wenn versucht wird, sich öffentlichen Druck zu widersetzen.
Beattie muss sich gegen festgefahrene gesellschaftliche Konventionen behaupten, etwa als sie ihren Körper als Einsatz beim Pokern setzt, um sich eine Farm zu erspielen, und gewinnt:
"Beattie saß still, wie unter Schock da. Sie hatte es geschafft. Sie hatte etwas getan. Von nun an würde man ihr nie wieder Dinge antun."
Ein "Starke-Frauen-Roman", vergleichbar beispielsweise mit "Dieses goldene Land" von Barbara Wood, oder "Maralinga - Pfade der Träume" von Judy Nunn. Auch in diesen Büchern wurde Australien mit seinen weiten Schaf-Farmen und verruchten Männern als Kulisse gewählt, auch hier mussten sich Frauen in der Männerwelt behaupten und schafften schließlich etwas scheinbar Unmögliches.
Das Buch folgt vielen Klischees, die die Handlung vorhersehbar machen und wenig Raum für Spannung lassen. Sehr viel Pathos etwa an Stellen wie:
"Doch sie beklagten sich nie. Und so wurden die drei eine Familie, verbunden durch Not, Opfer und das Gefühl, gemeinsam etwas zu schaffen."
Über knapp 500 Seiten lässt Wilkins ihre Figuren mit den Widrigkeiten der Welt hadern, bis sich schließlich eine Lösung für alle Probleme findet. Abwechslung oder Wendungen, die einem Buch das "gewisse Etwas" verleihen, lassen sich kaum finden.
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