Oh, wie schön ist Panama...
Paris. Diese Stadt ist Programm. Wie New York, Barcelona, Lissabon und all die anderen Städte, die es geschafft haben, ihren Namen zu romantisieren. Da bedarf es nicht nur Woody Allens amüsanten Film "Midnight in Paris", um eine Stadt als verborgenen Wunsch auf die Leinwand zu bringen und das Zeitalter der Maler und Schriftsteller hervorzuzaubern. Auch Christopher Moore kehrt in seinem Roman "Verflixtes Blau" nur allzu willig an den Montmartre zurück. Zu Toulouse-Lautrec, zu Renoir, Gauguin, Pissarro, Seurat und heimlichen Genies wie dem Bäcker Lessard, der den Tod seines Freundes Van Gogh betrauert. Niemand will bei Moore wirklich glauben, dass sich da jemand, der sich bereits ein Ohr abgeschnitten hat, auch noch das Leben nimmt.
Etwa ein Mord? Immerhin gibt es da einen gewissen Farbenmann, der im Schlepptau der geheimnisvollen Schönen "Bleu" Gemälde in Blau einsammelt. Warum nicht die Kunstgeschichte auf den Kopf stellen, wenn es der Unterhaltung dient? Tauchen nicht auch alle zwei Jahre wieder die wahren Attentäter von JFK auf? Das wollen wir lesen. Nur allzu bereitwillig folgen wir den Marotten der berühmten Namen, den Freundschaften und dem Neid, wenn andere Farben verwenden, die auf der eigenen Palette fehlen. Christopher Moore bedient eine Welt, die sich für uns vertraut anfühlt, mischt Fakten mit Erfindung und trägt ein buntes Treiben aus Gefühl und Leidenschaft, aus Genie und Wahnsinn auf.
Hier schreibt ein Schriftsteller, der in "Ein todsicherer Job", die Komödie um einen vermeintlichen Seelenfänger bereichert, in "Der kleine Dämonenberater" dem Übersinnlichen verfällt oder in "Ein Biss sagt mehr als tausend Worte" das Genre des Vampirromans bedient. Immer amüsant, immer auf leichten Füßen. Moore begibt sich sogar auf die Spuren des Herrn in "Die Bibel nach Biff" und erzählt von Jesus und seinem besten Freund oder wird gleich in "Fool" zum Hofnarren, um Shakespeares Lear aufzumischen. Moore stützt sich nur allzu gerne auf die amüsante Verwicklung.
Wenn Toulouse-Lautrec auf der Suche nach der mysteriösen Bleu in einem Geschäft auftaucht, sich zurecht weisen lassen muss, dass es eine Frau dieses Namens im Laden nicht gebe, erinnert er sich an seinen Vater, den Grafen. Und dann folgen zehn bis fünfzehn Namen Titel und ein Spazierstock, mit dem der ältere Herr in so einem Fall auf die Ladentheke eingehämmert und sich Respekt verschafft hätte. Nicht so der Sohn. Kleinwüchsig vermag er sich nicht durchzusetzen, bis ihn die angebliche Bleu aus der Situation errettet. Wie sich dann aber herausstellt, erkennt ihn das geliebte Modell nicht wieder, schützt eine dreijährige Umnachtung vor und will sich partout nicht mehr an die Zeit zusammen mit den Malern erinnern.
Moore ist weder Kunsthistoriker, noch Biograf. Er lässt lieber einen dunklen Farbenmann, der sich um ein Gemälde betrogen fühlt, im Hintergrund Fallstricke auslegen. Und er weiß auch, dass es immer einer atemberaubenden Schönheit bedarf, um Männern den Kopf zu verdrehen. Dafür verzichtet er auf jegliche tieferreichende Verwerfung.
Wie eben bei Woody Allen, der seine Idee vom Abtauchen in eine geliebte, versunkene Epoche, der Begegnung mit den großen Namen in Paris soweit treibt, dass seine Berühmtheiten sich in die Belle Epoque zurücksehnen. Weil die für sie schließlich die Zeit ist, in der sie hätten leben wollen. Woody Allen wird seinen Helden im Film sagen lassen, dass die Zeit, in die man sich zurücksehnt, in ihrer Zeit auch nicht so toll war.
Christopher Moores Roman "Verflixtes Blau" verschafft seinen Lesern einen kurzweiligen Aufenthalt zwischen all den Bonvivants, deren Gemälde nun in den Museen zu bewundern sind. Leider hat sein Blick auf Paris etwas leicht Angestaubtes.
Bloß nicht berühren, sonst geht die Alarmanlage los.
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