Erste Liebe, Chaos, Tod
Das Leben kann wirklich hart sein, vor allem, wenn man knapp vierzehn ist, mitten in der Pubertät steckt und sich zum ersten Mal in ein Mädchen verliebt. Als sich Skippy, der eigentlich Daniel Juster heißt und Schüler eines irischen Jungeninternats ist, in Lori verguckt, ahnt er noch nicht, auf was er sich da einlässt. Vom Schulloser, der von seinen Mitschülerin bisher kaum wahrgenommen wurde, entwickelt er sich innerhalb kurzer Zeit zur bekannten Schulpersönlichkeit. Nicht nur, weil er scheinbar grundlos kurz vor einem wichtigen Schwimmwettkampf seine Mannschaft im Stich lässt, sondern vor allem, da sich auch Carl für Lori interessiert. Carl, der erfolgreich kleinen Kindern Ritalin-Pillen abzockt und diese dann teuer als Diätpillen an die Mädchen der Nachbarschule verdealt. Als sich die Ereignisse überschlagen und er seinen Zimmernachbarn Ruprecht Van Doren zum Donut-Wettessen auffordert, kommt es schließlich zum tödlichen Finale...
In seinem Roman "Skippy stirbt" erzählt Paul Murray in vier Teilen über die Probleme heutiger 14-Jähriger, die sich auf dem harten Weg ins Erwachsenenleben befinden. Der irische Autor studierte zunächst englische Literatur am Trinity College in Dublin und schloss seine akademische Laufbahn in Creative Writing ab, bevor er anschließend als Buchhändler zu arbeiten begann. "Skippy stirbt" ist nach "An evening of long Goodbyes" der zweite Roman des 1975 geborenen Autors.
Murray erzählt seinen Roman in vier Bänden: "Hopeland”, "Heartland”, "Ghostland” und "Afterland" stellen jeweils eine Einheit dar, in denen der Autor unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte setzt. Ungewöhnlich, aber keinesfalls unpassend, setzt Murray an den Anfang seines insgesamt 782 Seiten starken Werkes einen Prolog, der gleichzeitig auch als Epilog dienen kann und den Aufhänger der ganzen Story darstellt: Der Autor beginnt mit einem Donut-Wettessen zwischen Skippy und Ruprecht, welches mit dem Tod Skippys endet. In den folgenden Bänden widmet sich der Autor den Fragen und Hintergründen, die schließlich zum Tode Skippys führten.
Anders als sich vermuten ließe, verliert der Roman seine Spannung nicht dadurch, dass der Leser bereits zu Beginn den Ausgang der Geschichte kennt. Vielmehr bekommt die Story auf diese Weise eine besondere Art der Spannung. Skippy stirbt scheinbar ohne Grund und für den Leser nicht nachvollziehbar, so dass der Roman auch als "umgekehrter" Krimi gesehen werden kann, obgleich auch die Internatsgeschichte und die vielen Einzelfiguren deutlich im Vordergrund stehen.
Murrays Roman setzt sich aus vielen Einzelsträngen zusammen, die jeweils durch verschiedene Figuren belegt werden, die mit dem Tod Skippys in Verbindung stehen.
Da gibt es auf der einen Seite natürlich Skippy selbst, weitere Stränge werden beispielsweise durch Carl, den Ritalin-Pillen-Dealer und sein Konkurrent im Kampf um Lori, Lori selbst und ihre Freundinnen, Skippys Freunde rund um Ruprecht Van Doren, seinen Zimmernachbarn oder den Lehrer Howard "Hasenherz" belegt.
Mehr und mehr fügen sich die Stränge in den ersten beiden Teilen zusammen, bis deutlich wird, wer welchen Anteil am Tod Skippys hat. In den folgenden Teilen drei und vier, die insgesamt kürzer ausfallen, geht der Autor anschließend auf die Folgen des Todes ein und wie sich das Ganze auf die übrigen Figuren auswirkt. Sprachlich spielt er gekonnt zwischen unterschiedlichen Umgangssprachen, wechselt zwischen Jugendsprache oder der steifen Ausdrucksform der Pater, die die Schule leiten und dort gleichzeitig als Lehrer arbeiten.
Mit viel Witz und Humor gelingt es Murray, seinen Roman - auch über die volle Distanz von 782 Seiten - nicht langatmig werden zu lassen. Unterhaltsam und mit vielen unerwarteten Wendungen erzählt er von pubertären Problemen mit der Liebe, dem abenteuerlichen Internatsleben zwischen Party und langweiligem Unterricht. Er spart jedoch auch ernste Themen wie die familiären Probleme Skippys oder die Beziehungsprobleme des Lehrers Howard nicht aus, wobei er auch dabei immer das Maß an Ironie einbaut, welches notwendig ist, um nicht in sentimentale Beschreibungen zu verfallen. Nach und nach wird dem Leser klar, dass der Tod Skippys weder ein Unfall noch ein tragischer Zwischenfall war und sich Skippy selbst umgebracht hat. Schuldgefühle, Scham und Angst um den guten Ruf der Schule geben dem Buch seine Tiefe.
Murrays "Skippy stirbt" ist ein lesenswerter Roman, der unterhaltsam ist und dem es gleichzeitig gelingt, auch ernste Themen anzugehen.
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