Etwas mehr als eine nicht alltägliche Liebesgeschichte
Dem Klappentext zu Folge ist Kathleen MaMahons Debütroman "Liebe im Zeichen des Nordlichts" ein Liebesroman wie man ihn schon häufig gelesen hat: Ein Mann mit knapp fünfzig Jahren verliert seinen Job im Zuge der Bankenkrise 2008 und beschließt, einen lang gehegten Traum in die Tat umzusetzen und nach Irland, das Land seiner Vorfahren, zu reisen um dort nach seinen Wurzeln zu suchen. Dort trifft er eine junge Frau, Ende dreißig, die von der Liebe und dem Leben enttäuscht ist. Die beiden beginnen eine Affäre (entgegen des Klappentextes nicht zaghaft und zögernd), doch gibt es besonders bei Addie einiges an Unsicherheiten und Zweifeln, ob das wirklich das Richtige ist.
So weit, so gut, das klingt nicht sonderlich innovativ oder neuartig, derartige Geschichten hat man des Öfteren bereits gelesen. Doch diese Geschichte ist anders, auch wenn MacMahon damit nicht der ganz große Wurf gelingt.
Dass sich die Geschichte aus der Masse hervorhebt, liegt zum einen an der Figurenzeichnung. Besonders Addie ist gut gelungen, man nimmt ihr ihre Unsicherheit ab, ihre Zerrissenheit, die mehrere Bereiche ihres Lebens betrifft und auch mehrere ihrer Beziehungen, zum Beispiel die zu ihrem Vater. Nach und nach erfährt man, was ihr wiederfahren ist und auch Dinge aus ihrer Kindheit, die nach dem frühen Tod der Mutter nicht einfach war. Auch die unterschiedlichen Art und Weisen wie Addie und ihre Schwester Della mit dem Erlebten umgegangen sind und welche unterschiedlichen Leben sie nun führen, trägt dazu dabei, dass sich ein umfassendes Bild von dieser Frau zusammensetzt.
Die Figur des Bruno fällt dagegen ab. Er erscheint idealisiert, ein richtiger Traumtyp, wie ihn sich Frauen wünschen: Offen, ehrlich, verständnisvoll, rücksichtsvoll… Fehler findet man bei ihm kaum welche. Anfangs erscheint er zwar etwas antriebslos und orientierungslos, doch mit Beginn seiner Beziehung zu Addie ist das vorbei und er scheint völlig zufrieden mit seinem Leben.
Zum anderen ist nicht nur die Liebesbeziehung Thema des Romans, sondern auch die familiären Probleme Addies, die spannende Wahl zwischen Barack Obama und John McCain, und die Kredit- und beginnende Wirtschaftskrise, die Europa noch nicht erreicht hat, die aber ihre Schatten voraus wirft.
Außerdem nimmt auch Addies Vater Hugh einen großen Teil des Romans ein. Durch einen Unfall, bei dem er sich beide Handgelenke gebrochen hat, ist er auf Hilfe angewiesen, was ihm zutiefst zuwider ist. Einerseits ist er ein Despot, der bestimmt wo es lang geht, sowohl privat als auch in seinem Job als Chefarzt, andererseits liebt er seine Tochter Addie sehr, kann es nur nicht zeigen. Sein größtes Problem ist allerdings, dass er wegen eines angeblichen Kunstfehlers verklagt wurde und sich nur sehr schwer damit abfinden kann, dass sich die Zeiten geändert haben und die "Halbgötter in Weiß" ausgedient haben, dass Patienten nicht nur Einfühlungsvermögen und ausführliche Aufklärung fordern und verdienen sondern sogar ein Recht darauf haben.
Diese weiteren Themen sind interessant und bringen Spannung in die Geschichte.
Den größten Anteil daran, dass die Geschichte nicht unter vielen spurlos versinkt, ist allerdings das Ende, denn plötzlich verändert sich alles und ein Happy End ist nicht mehr garantiert bzw. scheint nicht mehr möglich. Der letzte Teil ist sehr berührend geschrieben, wenn auch nicht durchgehend glaubhaft, und zwingt einen sich über die Endlichkeit des Lebens Gedanken zu machen, dass man nichts für garantiert nehmen sollte und das Hier und Jetzt genießen sollte.
Insgesamt ist "Liebe im Zeichen des Nordlichts" ein netter, gut zu lesender Roman, der zu berühren versteht und einige interessante Gedankenansätze birgt, aber den Sprung zu einem wirklich außergewöhnlichen Roman nicht schafft.
Die Zielgruppe sind eindeutig Frauen und diese werden überwiegend auch mehr Freude an der Geschichte haben als Männer. Nur wer zwingend ein großes Happy End braucht, sollte auch als Frau die Finger von diesem Buch lassen.
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