Nur in der Melancholie lässt sich die Liebe überleben.
Leicht macht es sich Monika Zeiner nicht. Sie erzählt von der großen Liebe, die natürlich in einer gescheiterten fußt. Sie erzählt von einer Flucht nach Italien. Nach Como. Wegen seines poetischen Klangs ein Sehnsuchtsort in den 50ern, 60ern des letzten Jahrhunderts. Und sie erzählt davon, dass die Musik, die Kunst einen mitunter aufzufangen vermag, mitunter jedoch sich auch wie ein Berg vor einen auftürmt.
Tom Holler ist Pianist, durchlebt gerade das Ausebben einer Liebe, die später einmal mit dem Etikett "wieso habe ich das nicht schon früher beendet" versehen werden wird. Gleich zu Anfang gelingt der Autorin ein Kabinettstück, indem sie den Verlassenen einen Abschiedsbrief schreiben und bei der Ex-Frau in den Briefkasten werfen lässt. Später dann in ihrer Wohnung beim Versuch, etwas aufzuwärmen, was längst erkaltet ist, trifft er nicht nur beim Pasta-Essen auf seinen möglichen Nachfolger, vor allem sieht er sich der Gefahr ausgesetzt, sich lächerlich zu machen, wenn seine Ex-Frau den Brief liest. Sein Bemühen gilt also nicht, ihre Liebe zurückzugewinnen, sondern den Brief zu finden.
Von solch funkelnden Szenen wimmelt es im Roman, aber er ergibt trotz seiner über fünfhundert Seiten keine in sich geschlossene Geschichte. Über weite Strecken wirkt er wie eine bewusst gesetzte Szenerie, die einen Kreis schließen soll. Monika Zeiner beschreibt die irgendwo im Leben Angekommenen, die ihrer Unruhe in sich nicht Herr werden, weil sie zu sehr an der Vergangenheit kleben. Sie rufen sie sich wieder und wieder ins Gedächtnis, um jene Punkte zu orten und abzuklopfen, an denen ihr Leben die falsche Richtung einschlug. Was man doch alles verpasst hat? Was man doch alles hätte besser machen können? Wäre das Schicksal dann wirklich so grausam zu einem gewesen?
Wir finden uns in den 90ern wieder. In Berlin. Am Prenzlauer Berg. Dem Inbegriff urbanen Lebens ohne Konventionen, der mit den Jahren erstarrt ist. Es gibt Tom, es gibt Marc, es gibt Betty. Die allzeit bewährte Burleske der Liebe fest im Blick. Marc liebt Betty und Tom kämpft vergeblich gegen seine Liebe zu Betty an. Sie alle vereint die Musik, mit der sie gegen die Vorstellungen der Eltern aufbegehren. Die Sängerin von Marinafon kennt sich mit diesem Lebensgefühl aus.
Henri-Pierre Roché hat mit seinem Roman "Jules und Jim", der von Francois Truffaut und den unvergesslichen Jeanne Moreau und Oskar Werner verfilmt wurde, die Liebe geradezu vergiftet. Warum nicht eine Liebe zu dritt? Offen oder heimlich. Abseits jeglicher Besitzansprüche. Schließlich lässt sich wunderbar schwärmen, das Leben und die Liebe bei einem Glas Wein, einer letzten Zigarette begraben.
Die Nacht in Como, die schicksalhaften Ereignisse, nachdem Betty Marc alles beichtet, ist leider nicht nur vorhersehbar, sie wirkt auch arg konstruiert. Es muss schließlich bitter enden. Jedem guten Schlager unterliegt zumindest ein Hauch von Wehmut. Dass dies nach zehn Jahren angesichts Tom Hollers Reise nach Italien, zu Betty, einer Flucht zu sich gleicht, hat etwas von einer Liebesschmonzette. Was auch an einer Sprache liegt, die mehr in sich tragen muss, als nur ein paar Worte.
Über die Liebe zu schreiben ist nicht einfach. Entweder rutscht ein Autor oder eine Autorin in bestsellerhaftem Begehren von Tragik und Leidenschaft samt Happy End ab, oder sie begeben sich auf die Suche nach dem inneren Zusammenhalt eines flüchtigen Augenblicks. Monika Zeiners Roman will darüber hinaus Auskunft über eine Generation geben, die sich für den Nabel der Welt hielt und aus dem Paradies vertrieben wurde.
Das war vielleicht etwas zu viel für eine Autorin, die gerade am Anfang steht. Der Geschichte um "Die Ordnung der Sterne über Como" fehlt es an Leichtigkeit.
In "I find my love in Portofino" von Dalida hat Zeiner sie sicher gefunden.
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