Sein oder Nichtsein

  • Droemer
  • Erschienen: Januar 2013
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  • München: Droemer, 2013, Titel: 'Sein oder Nichtsein', Seiten: 304, Übersetzt: Werner Löcher-Lawrence
Sein oder Nichtsein
Sein oder Nichtsein
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Kora Kutschbach
721001

Belletristik-Couch Rezension vonMär 2013

Über die Philosophie des Lebens und ihre Nuancen

Als Lehrer blüht Will Silver in seinen Literaturseminaren an einer Pariser Highschool vollends auf. Er sieht sich selbst in der Rolle des Weltveränderers und möchte diese Ambition an seine Schüler weitergeben. Dies gelingt ihm im Handumdrehen, denn mit Charisma und Ausdruckskraft doziert, philosophiert und diskutiert Will. Die Schüler sehen in ihm ein Vorbild, dem es nachzueifern gilt, denn Will hat vieles erreicht, das für sie selbst unerreichbar scheint. Doch eines Tages beginnt das Bild des Mr. Silver folgenschwere Risse zu bekommen, kristallisiert sich die Nähe zu einer Seminarteilnehmerin als mehr heraus, als eine harmlose Beziehung zwischen Schülerin und Lehrer.

Alexander Maksik schrieb erfolgreich Artikel für beispielsweise The New York Times Magazine und den Harvard Review, bevor er mit "Seinodernichtsein" sein Debüt als Romanautor feierte. Dieses Werk wurde dann umgehend in sieben Sprachen übersetzt und weltweit publiziert. Maksiks Lebensmittelpunkt ist auf Städte wie Paris, Iowa City und New York aufgesplittet, so dass die erlebte Interkulturalität spielend und offensichtlich Eingang in seine Arbeit findet. Dies stellt sich zwischen den Zeilen seines Romans deutlich heraus.

"Seinodernichtsein" – allein der Titel des Buches, welcher einen unmittelbaren Bezug zu Shakespeares "Hamlet" darstellt, weist auf die möglichen philosophischen und durch Lebenserfahrung geprägten Weg der Handlung hin. Ebendiese scharfsinnige, obgleich in einen modernen Kontext gelegte Entwicklung gelingt es Alexander Maksik im Verlaufe des Buches auszufeilen.

Die Geschichte wird aus den Perspektiven der verschiedenen Protagonisten, die in Gestalt von Lehrer Will Silver und seinen durch Kulturvielfalt geprägten Schülerkreis auftreten, wiedergegeben. Dadurch entwickelt sich eine Atmosphäre, die sowohl geprägt ist von schlichter Direktheit als auch von sich geheimnisvoll aufbauender Spannung, besonders in Hinblick auf die Affäre zwischen Will und Marie.

Der Schreibstil ist schlicht, übersichtlich und teilweise recht nüchtern gehalten – "Du lebst an einem Ort. Am nächsten Tag lebst du an einem anderen. Kompliziert ist das nicht."–  während er zugleich folgenreiche emotionale Schlüsse offenbart – "Ich weiß, dass du mich nicht liebst. Aber ich liebe dich."

Jene Kontraste, welche die Persönlichkeit der Figuren prägen, gestalten die Interaktion zwischen den Protagonisten sehr charakteristisch aus. Zudem zeigt sich eine deutliche innere Zerrissenheit. So verkörpert Will zum einen Ideale wie Zielstrebigkeit, Aktionismus und Einfühlungsvermögen; zerstört dieses Bildnis im nächsten Moment dann jedoch durch Zügellosigkeit und moralisch verwerfliche Entscheidungen. Ein Zwiespalt, der in diesem Werk in den Fokus gerät und dabei das Rad schlägt zur allgemeinen Urteilsfähigkeit und Kompromissfindung von uns Menschen.

Um die Authentizität und die Ernsthaftigkeit einer Lebensphilosophie zu unterstreichen, greift der Autor regelmäßig auf die Arbeiten großer Dichter und Denker wie Sartre und Shakespeare zurück. Diskussionen zwischen Lehrer und Schüler, die sich auf die Werke und Erkenntnisse dieser Künstler und Philosophen beziehen, charakterisieren den Unterricht des Will Silvers: "In Filmen springen Lehrer auf Tische und opfern ihr Leben für ihre Schüler und ihre Liebe zur Literatur. In Wahrheit aber hast du kaum mal einen vor dir, dem das wirklich wichtig ist." Doch Mr. Silver zählt noch zu dieser raren Spezies und entfacht auf diese Weise ein Feuer samt Lebenshunger in seinen Schülern, das bis dato niemand entzündet hatte, denn "er glaubte das alles, die ganze Sache."

Ein Debüt, das Stärke und Leichtigkeit, Unbeschwertheit und schneidende Brisanz, Lebendigkeit und Melancholie miteinander vereint. Mit Lebensweisheiten à la "Er war nicht kompliziert. Am Anfang ist die Liebe das nie" und schmerzenden Gewissensfragen wird der Leser konfrontiert, so dass eine Reflexion des Buches mit der des eigenen Seins einhergeht.    

Sein oder Nichtsein

Alexander Maksik, Droemer

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