Emma
- S. Fischer
- Erschienen: Januar 2012
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- Frankfurt am Main: S. Fischer, 2012, Seiten: 736, Übersetzt: Helene Henze
- Leipzig: Tauchnitz, 1877, Seiten: 456, Originalsprache, Bemerkung: Collection of British Authors ; Vol. 1645
- Frankfurt am Main: Fischer Bücherei, 1961, Seiten: 353, Übersetzt: Helene Henze, Bemerkung: Mit einem Nachwort von Rudolf Sühnel
- London: n.n., 1816, Originalsprache
Heldin wider Willen
"Ich werde eine Heldin schaffen, die keiner außer mir besonders mögen wird."
Dies soll Jane Austen über ihre Protagonistin Emma Woodhouse gesagt haben. Doch dem ist nicht so! Ich mochte Emma während der Lektüre sehr gerne und so geht und ging es noch tausend anderen Lesern, denn ansonsten wäre Emma nicht zu einem Klassiker der britischen Literatur avanciert.
Allerdings ist Emma tatsächlich keine Heldin im eigentlichen Sinn, sie hat definitiv einige Fehler. Zwar ist sie sehr schön und sehr intelligent, aber sie weiß es auch und ist sehr von sich selbst überzeugt – besonders von ihrer Unfehlbarkeit. Doch das ist sie auf so charmante Weise, dass man es ihr unmöglich übel nehmen kann – vor allem, da sie eine bestechende Eigenschaft besitzt: Ehrlichkeit. Egal, wie unangenehm die Wahrheit ist, Emma blickt ihr tapfer ins Auge und gesteht ihr Unrecht – nicht nur vor sich selber – ein.
Ihr größter Zeitvertreib ist es, Menschen zu verkuppeln, von denen sie denkt, dass sie gut zueinander passen würden. Da es bei ihrer ehemaligen Erzieherin Miss Taylor gut geklappt hat und diese nun eine glückliche Mrs Weston ist, beschließt Emma, dieses "Hobby" zu intensivieren.
Dazu nimmt sie sich eines jungen Mädchens an, das im Mädchenpensionat des Ortes lebt. Von Harriet Smith Herkunft weiß man wenig, doch Emma ist überzeugt, dass ihr Vater ein Adeliger ist, der nicht öffentlich zu seiner illegitimen Tochter stehen kann oder möchte. Also ist sie mit Harriets Wahl eines Ehemanns, eines jungen Farmers, nicht einverstanden, denn sie ist überzeugt, dass ihrer Freundin eine bessere Partie verdient hat. Und damit beginnt das fröhliche Verwirrspiel.
Gekonnt lässt Austen ihre Emma versuchen, den Liebesboten zu spielen. Doch dafür besitzt diese so gar kein Talent. Zwar ist sie jedes Mal von ihrer Genialität und der Richtigkeit ihrer Annahmen überzeugt, doch liegt sie wirklich jedes Mal falsch, was nicht nur zu einigen Verwirrungen sondern auch zu einigen Enttäuschungen führt. Dabei übersieht Emma ganz, wem ihr eigenes Herz gehört, bis sie plötzlich entdeckt, dass es zu spät sein könnte. Der darauffolgende Schmerz und das tiefempfundene Unglück, so wie die gnadenlose Ehrlichkeit, dass sie sich das alles selber zu zuschreiben hat, sind so gut geschildert, dass man mit Emma mitfühlt und ihr alle vorherigen Verfehlungen vergibt.
Jane Austen hat einen herrlichen Stil, bissig, ironisch, sarkastisch und sehr treffsicher. Sie charakterisiert die Gesellschaft und ihre einzelnen Mitglieder hervorragend. Da ist Mr. Woodhouse, Emmas Vater, ein liebenswerter Hypochonder, auf dessen Befindlichkeiten jeder gerne Rücksicht nimmt, dann Mrs. Elton, eine distanzlose Pfarrersfrau, die sich jedem gegenüber Vertraulichkeiten heraus nimmt, die ihr nicht zustehen, die sich aber für die vollkommene Dame hält oder Ms Bates, eine liebe geschwätzige Dame, deren Monologe mich immer wieder zum Lachen gereizt haben. Lediglich Mr. Knightley wirkt etwas arg perfekt und Harriet bleibt das ganze Buch über ziemlich blass und farblos.
Zur Übersetzung von Angelika Beck kann ich nichts sagen, da ich das Original nicht gelesen habe, doch liest sich die deutsche Ausgabe hervorragend und befindet sich sprachlich auf einem hohen Niveau.
Atemlose Spannung darf man freilich nicht erwarten, die Geschichte baut sich langsam auf und über weite Strecken passiert fast nichts. Man muss sich auf das Buch einlassen und den ruhigen Fluss genießen können, damit sich das Lesevergnügen einstellt. Doch dafür wird man mit einer vergnüglichen Gesellschaftskritik belohnt, bei der man sich sicher sein kann, dass sie die Verhältnisse treffend wieder gibt, da der Roman zu Austens Lebzeiten spielt. Somit zählt er übrigens zur zeitgenössischen Literatur, nicht zu den historischen Romanen!
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