Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung
- Bloomsbury Berlin
- Erschienen: Januar 2013
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- Berlin: Bloomsbury Berlin, 2013, Seiten: 222, Originalsprache
So korrekt: Er pinkelt sogar Tipp-Ex
Gegensätze ziehen sich an. Wenn das stimmt, sind Fred Eisenbogen und Sandra Schläpple das ideale Paar. Fred Eisenbogen ist Anfang dreißig, Finanzbeamter und so korrekt, dass er Tipp-Ex pinkelt, wie seine Ex-Freundin von ihm behauptet. Nie wäre es ihm je eingefallen, eine Regel oder gar ein Gesetz zu übertreten oder in seinem Job auch nur das kleinste bisschen nachlässig zu sein. Bis ihm Sandra begegnet. Sandra Schläpple ist nämlich das komplette Gegenteil: Als selbstständige Gärtnerin ist sie ihr eigener Chef, kann sich ihre Zeit frei einteilen und auch sonst sieht sie das Leben eher gelassen - und auch ihre Familie ist alles andere als konventionell. Da wundert es wenig, dass das liebste Hobby ihres Vaters ausgerechnet Steuererklärungen fälschen lautet, was natürlich zu Verwicklungen führen muss.
Fred Eisenbogen ist wie für seinen Beruf geschaffen: Überdurchschnittlich korrekt ist er der ideale Finanzbeamte. Er liebt seinen Job über alles. Nie würde ihm bei der Arbeit oder privat auch nur der kleinste Fehler unterlaufen. Mal ein Auge zudrücken? Nicht Fred Eisenbogen. Er deckt alle Mauscheleien auf, nichts bleibt unentdeckt und so wundert es nicht, dass er mit den schwierigsten Fällen betraut wird. Sandra hingegen hat kein Problem damit, zum Sommerkleid erdverschmierte Gummistiefel zu tragen um in diesem Outfit kurz vor knapp zur Spätpost zu fahren, um die von ihrem Vater kreativ erfundene Steuererklärung abzugeben. Als Fred sie dort erblickt, ist es für ihn Liebe auf den ersten Blick und er wagt für sie die erste Regelüberschreitung seines Lebens. Er hilft ihr, ihren Brief trotz Postschließung abzugeben, denn in Wirklichkeit hätte die Post ihren Brief noch annehmen müssen. Die Uhr dort geht nämlich vor, wie er mit Blick auf seinen Chronometer feststellt und der Postbeamtin belehrend mitteilt:
"Diese Uhr geht alle dreihundert Jahre um zwei Sekunden nach. Falls dies ausgerechnet heute der Fall sein sollte, dann wäre das das letzte Mal zur Zeit der Hexenverfolgung gewesen."
Als Sandra ihn dann zum Dank in ihrem kleinen Lieferwagen zwischen Hund und welken Möhren nach Hause fährt, ist es vollends um ihn geschehen. Leider verpasst er es, ihr seinen richtigen Beruf mitzuteilen und stellt sich ihr als Archäologe vor. Als er dann ausgerechnet bei ihr eine Steuerüberprüfung durchführen soll, nimmt die Katastrophe ihren Lauf.
Catrin Barnsteiner, geboren 1975, arbeitet als Drehbuchautorin und schrieb als freie Journalistin für verschiedene Tageszeitungen und Magazine. Für ihre Arbeit wurde sie mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten ausgezeichnet. Sie lebt in Oxford und Berlin.
Fräulein Schläpples fabelhafte Steuererklärung ist eine typische Liebesgeschichte. Mann trifft Frau, findet Frau toll. Sie lernen sich kennen, es gibt einen Nebenbuhler, Verwicklungen und Missverständnisse, bis sich am Ende alle Schwierigkeiten in Luft auflösen und Friede, Freude, Eierkuchen herrscht. Man nehme eine etwas andere Kulisse und Thematik, greift aber auf das bewährte Muster zurück und heraus kommt zwar eine neue Geschichte, die jedoch nicht viel Neues zu bieten hat. So auch in Catrin Barnsteiners neuestem Roman, der im Schwabenland spielt.
Dort trifft der schon zwanghaft korrekte Finanzbeamte Fred Eisenbogen auf die schöne und ganz und gar unkonventionelle Sandra Schläpple, die gegensätzlicher kaum sein könnte. Trotz aller Unterschiede verliebt er sich in sie und merkt, dass er als Finanzbeamter kaum eine Chance hat bei dieser tollen Frau zu landen und verschweigt seinen Beruf. Es kommt wie es kommen muss, er muss sie prüfen und Sandra ist zutiefst enttäuscht.
Barnsteiner erzählt ihre Geschichte wechselnd aus der Sicht der beiden Protagonisten, so dass die Missverständnisse und Verwicklungen besonders deutlich werden, da beim jeweils anderen so gut wie alles anders ankommt, als es ursprünglich beabsichtigt war. Dennoch bleibt das Buch stereotypisch und das Maß an Finanzbeamtenklischees wird stark überstrapaziert, so dass es mit der Zeit eher langweilt als amüsiert:
"Fred dagegen verzweifelte täglich vor dem Spiegel: Jeden Tage bemühte er sich von Neuem um einen Beamtenscheitel, obwohl der in seinem dunklen Lockenkopf nie lange hielt. Tatsächlich sah Fred ab etwa elf Uhr morgens immer nur vom Hals abwärts aus wie ein seriöser Beamter."
Auch die übrigen Figuren des Romans hinterlassen einen faden Beigeschmack, erfüllen vorhersehbare Rollen, die gezwungen übertrieben ausgeführt werden.
Alles in allem ein durchschnittlicher Roman, der sich in erster Linie auf das erfüllen von Klischees spezialisiert zu haben scheint: Eine typische Liebesgeschichte, gespickt mit Finanzbeamtenvorurteilen. Eine leichte Sommerlektüre.
Catrin Barnsteiner, Bloomsbury Berlin
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