Friede, Freude, Pustekuchen
Sommer 1976: Im Vereinigten Königreich herrscht eine extreme Trockenheit und akuter Wassermangel. Selbst nachts kühlt es nicht ab, was das Leben für die Londoner Bevölkerung ziemlich beschwerlich werden lässt. Ein dramatischer Sommer, der nicht nur Auswirkungen auf die Natur und Vegetation hat, sondern sich auch negativ auf die Wirtschaft des Landes auswirkt. So wie der Sommer aus den Fugen gerät, droht parallel auch das Familienleben der Familie Riordon aus dem Gleichgewicht zu geraten, als Robert Riordon, das pensionierte Oberhaupt der Familie, morgens vom Zeitungholen nicht zurückkommt. Seiner Frau Gretta ist klar, dass ihre ganze Familie helfen muss, den Vater wiederzufinden. Als die inzwischen erwachsenen Kinder Michael, Monica und Aiofe, die inzwischen alle ihr eigenes Leben führen, eintreffen, entsteht eine hochexplosive Stimmung.
Als Robert Riordon eines Morgens nicht wieder vom Zeitungholen zurückkehrt, bittet Gretta ihre Kinder Michael, Monica und Aiofe ihr bei der Suche nach dem verschollenen Vater zu helfen. Die drei Geschwister, die unterschiedlicher nicht sein könnten und offene Rechnungen miteinander herumtragen, sind auf diese Weise gezwungen, sich einander zu stellen. Das es nicht nur ein Sich-den-Geschwistern-stellen wird, sondern sie vor allem dazu zwingt, die Augen gegenüber den eigenen Problemen zu öffnen, können sie nicht ahnen. Mit fortschreitender Suche nach dem Vater wird immer mehr Vergessenes, Verdrängtes und Verschwiegenes ans Tageslicht befördert und zwingt die Familie dazu, sich endlich mit lang unterdrückten Gefühlen und Konflikten auseinanderzusetzen.
Maggie O'Farrell, geboren 1972 in Irland und aufgewachsen in Schottland und Wales, arbeitete nach ihrem Studium in Cambridge zunächst als Journalistin. Ihr erster Roman Seit du fort bist, brachte ihr direkt den internationalen Durchbruch. Sie lebt mit ihrem Mann, der ebenfalls Schriftsteller ist, und ihren zwei Kindern in London.
In Der Sommer, als der Regen ausblieb, schreibt die Autorin die Geschichten der verschiedenen Mitglieder der Familie Riordon. Jedem der Geschwister widmet sie zunächst ein eigenes Kapitel, indem sie aus der Sicht der jeweiligen Person erzählt und Einblicke in deren Gedankenwelt und Lebensumstände gewährt. Jeder der Drei hat Geheimnisse, die möglichst unentdeckt bleiben sollen: Die Ehe von Michael scheitert gerade, Monica hat eine Schwangerschaft abgebrochen und Aiofe ist Analphabetin. Auch bei der Suche nach dem verschollenen Vater kommt einiges zum Vorschein, was jahrelang totgeschwiegen wurde und so manche Überraschung beinhaltet.
Abwechslungsreich und unterhaltsam erzählt O'Farrell die Geschichte einer nach außen normalen - vielleicht sogar ein wenig spießigen - irisch-englischen Familie. Sprachlich schlicht und flüssig zu lesen präsentiert sie eine unterhaltsame Familiengeschichte, die trotz der persönlichen Dramen ihrer Figuren selbst weit davon entfernt ist, ein Drama zu werden und eher an eine Komödie erinnert. Dennoch kommen auch die ernsten Nuancen nicht zu kurz, wenn O'Farrell die Probleme ihrer Protagonisten beschreibt, die erst aufgrund der mangelnden Kommunikation innerhalb der Familie und den daraus resultierenden gestörten Beziehungen untereinander entstehen konnten: Um ja den Schein zu wahren, schlägt sich jeder mit seinen Problemen alleine herum, auch wenn sie schon längst übermächtig geworden sind. Um Hilfe fragen und Schwäche zugeben? Undenkbar! Durch die Suche nach dem Vater gezwungen, miteinander in Kontakt zu kommen, setzt sich schließlich ein Prozess in Gang, bei dem die Familie langsam wieder zu sich findet.
Maggie O'Farrell ist mit ihrem Werk eine abwechslungsreiche Familiengeschichte gelungen. Unterhaltsam und gleichzeitig nachdenklich machend, erzählt sie von ungelösten Konflikten, falschem Stolz und daraus resultierenden Lügen, die nach und nach enttarnt werden. Obwohl das Ende sehr abrupt und überstürzt und der Roman dadurch "abgehackt" wirkt, ist Der Sommer, als der Regen ausblieb ein empfehlenswerter Roman.
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