Die Romantherapie

  • Insel
  • Erschienen: Januar 2013
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  • Berlin: Insel, 2013, Seiten: 430, Übersetzt: Kirsten Riesselmann, Katja Bendels
  • Berlin: Insel, 2014, Seiten: 430, Übersetzt: Kirsten Riesselmann, Katja Bendels
Die Romantherapie
Die Romantherapie
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Katharina Affholderbach
951001

Belletristik-Couch Rezension vonJul 2014

Literatur als Medizin

Physiotherapie, Chemotherapie, Radiotherapie, Schmerztherapie... Die heutige Schulmedizin kennt viele verschiedene Arten die Gebrechen eines Menschen zu therapieren. Doch bei verhasster Arbeit, Eifersucht, Liebeskummer, Schreibblockaden oder ähnlichem kommt auch die Schulmedizin an ihre Grenzen. Ella Berthoud und Susan Elderkin jedoch wissen, dass ein gutes Buch, in das man sich verlieren kann und dessen Charaktere die gleichen Probleme haben wie man selber, Wunder wirken und Problemlösungen anbieten kann. Sie haben "253 Bücher für ein besseres Leben" gefunden, und diese Therapieroman verschiedenen Leiden zugeordnet. Für sie ist die Bibliotherapie "[der] therapeutische Einsatz von Literatur zur Behandlung aller Leiden, die das Leben so mit sich bringt".

Das Buch Romantherapie ist wie ein Lexikon aufgebaut, alphabetisch sind Leiden, von Abschiede, über Heimweh, und Langeweile bis zu Zurückweisung aufgelistet. Für jedes Leiden wird mindestens ein Roman zu Lesen empfohlen und in einem kleinen Artikel, der wie ein Arztbesuch zu seien scheint: Der Leser wird persönlich angesprochen; natürlich wird er gesiezt, schließlich ist er Patient des Literaturarztes, bzw. der Literaturärztinnen; es werden ihm Fragen gestellt, um ihm dann schlussendlich mitzuteilen, warum und welche Therapie gemacht werden sollte, also welches Buch der Leidende lesen sollte. Schon ab der Einleitung sieht man, dass Die Romantherapie eine Mischung zwischen Medizin und Literatur ist, zwei Bereiche, die verschiedener nicht sein könnten. Dort wird darauf hingewiesen, dass "[wie] alle Heilmittel sollten auch [diese] literarischen vollständig eingenommen werden".

Franz Kafkas Die Verwandlung als Therapie für eine Identitätskrise zu empfehlen, scheint als würde man Feuer mit Feuer bekämpfen. Doch "[man kann] von Glück sagen, daß [man], auch wenn [man] nicht immer [weiß], wer [man ist], zumindest sicher sein [kann], ein Mensch zu sein", im Gegensatz zu Gregor Samsa, welcher sich für ein Insekt hält. Auch andere Klassiker wie Voltaires Candide können therapieren. Sollte jemand wie die Hauptperson Candide an einem zu großen Optimismus leiden, so wird er durch dieses Buch geheilt werden. Leidet man jedoch an 'Hass auf den Job', dann helfen auch zeitgenössische Bücher, wie Anna Sams Die Leiden einer Kassiererin. Berthoud und Elderkin raten hier:

 

"Genug gejammert! Lesen hilft".

 

Doch eine Romantherapie, kann wie auch eine Therapie in der Schulmedizin ihre Nebenwirkungen haben. Therapiert man "Welthass" mit Astrid Lindgrens Wir Kinder aus Bullerbü steigt daraufhin das Risiko an "Fernweh" zu leiden.

Neben Leiden in verschiedenen Lebenslagen, welche durch Romane therapierbar sind, werden auch noch Leseleiden genannt, solche Leiden, die durch Bücher auftreten. Es werden Antworten gegeben auf Fragen wie, was man tun kann um 'spurlos verschwundene Bücher' wiederzufinden, denn "wozu hat man Bücher, die man nicht finden kann, wenn man sie sucht?" Die richtige Ordnung schafft hierbei Abhilfe, doch ob man die Bücher alphabetisch ordnet, so dass man auch mal "Pynchon neben Plato [sieht]" oder "geographisch, nach Sprachräumen", bleibt jedem selber überlassen. Ein anderes Leseleiden ist die 'übermäßige Ehrfurcht vor Büchern'. Die Autorinnen geben als Denkanstoss um dieses Leiden zu heilen, daß "Bücher da [sind], um ihre Welt mit [dem Leser] zu teilen, und nicht als schöne Gegenstände für irgendeinen zukünftigen Tag geschont zu werden".

Über das ganze Buch verteilt, findet der Leser auch 38 Mal "Die zehn besten ..."-Listen. Diese Listen betreffen die unterschiedlichsten Bereiche, sowohl "die zehn besten Fantasy-Romane", wie auch "die zehn besten Romane für Teenager" oder "die zehn besten Romane für Flugreisen" werden vorgeschlagen. Die Präsenz einer Liste´ "die zehn besten Romane für über Hundertjährige" beweist, dass man bei diesem Buch auch schmunzeln darf und es nicht wie ein anderes medizinisches Buch völlig ernst zu nehmen ist.

Ein ausserordentlich gelungenes Nachschlagewerk, dessen Cover schon auf die geratene Mischung von Medizin und Literatur hinweist. Es sollte in keinem Bücherregal fehlen und eignet sich wunderbar als Geschenk, auch für Nichtleser.

Die Romantherapie

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