Nett und unterhaltsam, aber kein Roman mit Tiefgang
Mit dem Roman Das Lächeln der Frauen hat der Autor Nicolas Barreau – von dem sich hartnäckig die Gerüchte halten, es handle sich in Wirklichkeit um eine deutsche Autorin – in die Bestsellerlisten katapultiert. Seither konnte Barreau mit einigen weiteren Werken punkten, die alle nette Unterhaltung bieten. In diesem Sinne passt auch Paris ist immer eine gute Idee wunderbar in die Reihe der Unterhaltungsromane. Weniger noch als die Vorgänger-Geschichten mag dieser Roman aber Anspruch an Tiefgang stellen. Er bietet sehr wohl eine überzeugende und gut konzipierte Liebesgeschichte, doch fehlen sowohl Überraschungsmomente noch wirklich Spannung. Die Geschichte plätschert dahin und mehr als einmal hat man beim Lesen das Gefühl, man sei am Ende angekommen, um dann erstaunt festzustellen, dass der Roman doch noch weiter geht. Da sowohl von der Sprache her, als auch von der Erzählung ein gewisser Zauber ausgeht, mag man sich den weiteren Schlaufen gerne überlassen, ohne jedoch auf grundlegend neue Wege zu gelangen.
Im Zentrum der Geschichte steht die junge Rosalie Laurent, die zwar eine große Begabung zum Zeichnen hat, von ihrer Mutter aber dazu überredet wird, etwas "Rechtes" zu machen, anstatt die Kunstgewerbeschule zu besuchen. Rosalie eröffnet also in einer kleinen Gasse in Paris einen Postkartenladen mit Papeterie und bietet dort an, was man sonst vergebens sucht. So etwa die Wunschkarten, die sie auf Bestellung fertigt. Einmal jährlich, zu ihrem Geburtstag, steigt Rosalie auf den Eifelturm und lässt eine Wunschkarte, auf der sie ihren geheimsten Wunsch festgehalten hat, mit dem Wind davon fliegen. Als ein kauziger alter Mann ihren Laden betritt und ein Chaos anrichtet, als er einen Postkartenständer zu Boden reißt, nimmt Rosalies Leben eine dramatische Wende. Denn der alte Mann ist niemand anders als der Kinderbuchautor Max Marchais, der es mit seinen Büchern zum wohlhabenden Mann gebracht hat. Er lässt sein jüngstes Werk von Rosalie illustrieren. Stolz auf ihre Mitarbeit beim Buch "Der blaue Tiger" stellt Rosalie das Werk im Schaufenster ihrer Papeterie aus. Prompt betritt ein junger Amerikaner den Laden und will das Buch sehen. Nachdem er kurz darin geschmökert hat, reagiert er empört und bezichtigt Marchais des Plagiats. Rosalie fühlt sich selber in ihrer Ehre gekränkt und versucht, die Sache aufzuklären. Dabei kann sie nicht verhindern, dass ihr der junge Amerikaner Robert ans Herz wächst. Doch Robert hat in New York eine Freundin.
Man mag nicht umhin kommen, die Protagonistin Rosalie immer mal wieder mit der "Amélie" aus dem Kultfilm Die fabelhafte Welt der Amélie zu vergleichen. Genauso liebenswürdig und unkonventionell wird die junge Frau beschrieben und es scheint, als ob Barreau stark von der bekannten Filmfigur inspiriert wurde. Die nette Charakterisierung der jungen Frau ist denn auch eines der Merkmale, die dem Roman diese unbeschwerte Liebenswürdigkeit verleihen. Das zusammen mit dem für Barreau typischen Schreibstil ist ein sicherer Wert. Auch der knorrige Max Marchais ist als Figur gut gelungen und macht dem Roman alle Ehre. Etwas seichter bleibt aber Robert, der irgendwie schwammig ist und nicht recht fassbar wird. Doch mag man es Barreau verzeihen. Letztlich ist es wohl erneut eine Hommage an Paris, die im Buch zur Geltung kommen sollte und da kann der US-Amerikaner Robert nicht ganz mithalten.
Die Geschichte selber lebt ohne eigentliche Höhepunkte. Wie von Barreau bereits gewohnt, werden gewisse Ereignisse bewusst vorweg genommen und als Stilmittel sozusagen als Zukunftsaussicht in den Text eingeflochten. Das funktioniert durchaus, wenn die Erzählung auch gut ohne diese Hinweise auskommen würde und die Spannung möglicherweise durch das Weglassen der Hinweise noch etwas gesteigert werden könnte. Doch ist, wer ausdrücklich nach Spannungsliteratur sucht, mit Paris ist immer eine gute Idee definitiv nicht gut bedient. Nebst der Liebeserklärung an Paris ist es vor allem ein Buch über die Liebe und es ist von Anfang an klar, wer für wen bestimmt ist und welche verschlungenen Wege die Liebe nehmen wird. Will man diesen Roman in seiner ganzen Feinheit auskosten, sollte man sein Augenmerk also weniger auf die Handlung als auf die vielen kleinen, höchst liebevollen Details richten, die über den ganzen Roman hinweg in den Text eingestreut sind. Sie machen den Charme des Romans aus – und lassen die Leser da und dort sowohl schmunzeln als auch manchmal sogar ein wenig träumen. Und diese Form von Erzählung ist wohl auch die größte Stärke Barreaus, die man sich getrost auf der Zunge zergehen lassen darf. So hält man hier also kein Roman mit Tiefgang, aber einen mit viel Gefühl in den Händen.
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