Packend und mitreißend bis zum Schluss
Peter Fröberg Idling ist ein schwedischer Schriftsteller und Literaturkritiker, der 2006 mit Pol Pots Lächeln: Eine schwedische Reise durch das Kambodscha der Roten Khmer sein erstes international veröffentlichtes und anerkanntes Werk veröffentlichte. Gesang für einen aufziehenden Sturm reiht sich in die gleiche Thematik ein. Idling stützt sich in seiner spannenden Erzählung auf reale Fakten, auf Namen, die jeder kennt und mit Kambodscha in Verbindung bringen würde, und lüftet den Vorhang erst zum Schluss, was seiner Geschichte einen eisernen Nachgeschmack verleiht.
Der Roman spielt 1955 in Kambodscha, wenige Wochen vor den ersten freien Wahlen. Es sind unruhige Zeiten, Gerüchte und Verfolgungen, Intrigen und revolutionäre Verschwörungen durchweben sich. Der bewaffnete Eklat scheint kurz vor zu stehen, in atemloser Spannung und politischem Zeitdruck folgen wir den Erzählern durch die Straßen Kambodschas. Oppositionelle werden inhaftiert und es kommt zu brutalen Auseinandersetzungen – und hinter all dem vollzieht sich die Politik und die reichere Gesellschaft um die ehemaligen Prinzen, Prinzessinnen und den Adel in grandioser Erhabenheit. Wir begegnen mehreren Erzählern, die sich ablösen und in einem regelrechten Gesang in unterschiedlichen Tonlagen das Bild aufregenden Zeitspanne nachvollziehen. Ihre Perspektiven ergänzen sich und verstricken sich in einem Teppich aus Rivalität und Liebe, Politik und Zukunftsträumen, der kolonialen Vergangenheit und Emanzipationsversuchen.
Der Leser lernt einen jungen Mann namens Sar kennen, der dank einem Stipendium nach Paris durfte und nun mit politischen Gedanken und dem Wunsch nach Unabhängigkeit im Gepäck zurück nach Kambodscha gereist ist. Er ist ein beliebter Lehrer, der von Freiheit träumt und von seiner großen Liebe Somaly. Offiziell engagiert er sich für die Demokraten unter Vannsak, doch in nächtlichen Treffen sitzt er bei Tee und Zigaretten mit den Roten Khmer zusammen, lauschend auf jedes fremde Geräusch, und tauscht Papiere und Informationen aus. Noch erscheint ihm der bewaffnete Kampf als zu fern, zu radikal, doch die Konfrontation mit seinem Widersacher, Sam Sary, steht bevor. Und das nicht nur auf politischer Ebene...
Idling schreibt im NewStatesman zu den Recherchen zu seinem Werk:
"According to Vannsak, in 1949 [Sar] fell in love with a princess and one-time beauty queen, Son Maly. Around five years later, she left him for Sam Sary, his political rival and the second most powerful man in the kingdom – and [Sar] gradually lost faith in both romantic love and democracy, devoting his life to revolutionary struggle."
Packend und mitreißend bleibt das Werk bis zum Schluss und verleitet dazu, sich vielleicht noch einmal oder intensiver mit der Geschichte dieses wunderbaren Landes zu befassen. Die Erzählung gewinnt durch die Brisanz der politischen, nachvollziehbaren Sichtweisen und die rasenden Charaktere an Reiz. Aber auch der Stil Idlings trägt zu dem schnellen Fluss des Romans bei, als sei der Sturm, der aufzieht, bereits da. Die aufziehenden Wolken wirken bedrohlich, verheißen Gefahren und Bedrohung...
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