Und plötzlich ist alles anders
Was könnte schöner sein: Bis zum achtzehnten Geburtstag sind es nur noch wenige Tage, das Leben wartet mit all seinen Möglichkeiten! Große Reisen, Party, der erste Job oder die große Liebe, die Türen stehen offen und man muss sich eigentlich nur noch entscheiden, welche zuerst genommen werden soll. Wenn man dann auch noch einen besten Freund hat, mit dem man all diese Abenteuer gemeinsam erleben kann, könnte das Leben theoretisch gar nicht mehr schöner sein. Genauso geht es Stick und Mac, die sich kurz vor Sticks achtzehntem Geburtstag auf große Reise begeben wollen um das Leben zu feiern.
Seit Mac in Sticks Klasse kam, sind die beiden beste Freunde. Jetzt, wo Stick fast volljährig ist, wollen nur eins: raus aus Manchester, raus aus der Enge der Familie, der Wohnung, der Clique. Der Plan steht bereits, mit dem Auto soll es quer durch England und Frankreich bis nach Málaga in Spanien gehen, um einen Sommer voll Partys, Alkohol und Frauen zu erleben. Wie es danach weitergehen soll, ist noch völlig offen. Vielleicht bleiben sie dort, vielleicht kommen sie anschließend nach Manchester zurück. Klar, dass da eine Abschiedsparty nicht fehlen darf. Doch in der Nacht ihrer Abschiedsparty wird Mac erstochen. Stick steht unter Schock, er muss mit seiner Trauer, seiner Wut, seinem Wunsch nach Freiheit und familiärer Geborgenheit klarkommen. Ohne Zukunftspläne lebt verlebt er den Sommer, den er eigentlich mit Mac in Spanien verbringen wollte. Doch dann lernt er "J" kennen, ein Mädchen mit pinken Haaren und Piercings. Scheinbar hat ihn das Glück noch nicht vollkommen verlassen. Sticks Wut auf Macs Mörder und eine Gesellschaft, in der ein solcher Mord scheinbar ungesühnt bleiben kann, ist nach wie vor da, und die Unruhen von London greifen bald auch auf Manchester über ...
Sarah Butler ist Anfang Dreißig und lebt in Manchester. Sie ist Geschäftsführerin eines Beratungsunternehmens, das literarische und künstlerische Projekte vorantreibt. Sie war Stipendiatin verschiedener Literaturförderungen und unterrichtete Kreatives Schreiben am British Council in Kuala Lumpur. Ihr erster Roman Alice, wie Daniel sie sah wurde in dreizehn Sprachen übersetzt.
Sarah Butlers Roman lässt sich am besten als eine Coming-of-Age-Story beschreiben. Von heute auf morgen ist für ihren jungen Protagonisten das unbeschwerte Leben vorbei, als er plötzlich mit dem Mord an seinem besten Freund konfrontiert wird. Anstatt die Zeit in Spanien mit Urlaub, Party und Liebe zu verbringen, sitzt er zuhause und macht sich Sorgen um seine Mutter, die nach dem frühen Unfalltod seiner Schwester an einer Zwangsstörung erkrankt ist. Ständig wollen seine Eltern von ihm wissen, wie er sich seine Zukunft vorstellt, versuchen ihn in Lehrstellen zu drängen, die ihn nicht interessieren. Als er schließlich J. kennenlernt, beginnt er langsam wieder ins Leben zurückzufinden und sich mehr und mehr von seinen Eltern zu lösen. Ihre unkonventionelle Art verdreht ihm den Kopf. Als die Unruhen von London immer näher kommen, ist er immer noch von Wut und Trauer geprägt und somit sehr empfänglich für die brisanten Strömungen. Die Autorin beschreibt Sticks Entwicklung vom unbeschwerten und fröhlichen Jungen zum von der Gesellschaft enttäuschten jungen Mann. Feinfühlig beschreibt sie seine Gefühle, die sich von starker Trauer zur Wut verändern. Sie zeigt, wie sich Desillusionierung auf die Persönlichkeit auswirkt, wie Stick sich vom eher passiven Jungen zu einem jungen Mann entwickelt, der sich von politischen Stimmungen mitreißen lässt und selbst zum Täter wird. Leider kommt dieser Teil der Entwicklung, der im Klappentext angekündigt wird, im Roman zu kurz. Ein Großteil der Handlung dreht sich um Sticks Trauer, seine Wut und die Konflikte in seinem Elternhaus, sodass das Gefühl aufkommt, der Roman dreht sich um sich selbst und kommt nicht zum Punkt.
Alles in allem ist Die Nacht brennt somit zwar ein interessanter Roman, der jedoch mehr verspricht, als er letztendlich hält. Am Ende bleibt der Eindruck, dass Butler viel um den Kern herumschreibt, um ihn dann in Kurzform noch eben zu erreichen.
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