Das Geheimnis des Mittsommers

  • Kalrsruhe: Zauberberg, 2015, Seiten: 220, Originalsprache
Das Geheimnis des Mittsommers
Das Geheimnis des Mittsommers
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Claire Schmartz
301001

Belletristik-Couch Rezension vonSep 2015

Ein Fast-Krimi, nicht allzu flach, nicht allzu voraussehbar, doch auch nicht unbedingt fesselnd

Evas Mutter ist in einem kleinen schwedischen Dorf namens Tolånga aufgewachsen. Doch als junge Frau verließ sie ihre Heimat Hals über Kopf, um nach Frankfurt zu ziehen. Eva hat diese Episode des Lebens ihrer Mutter nie hinterfragt. Als sie allerdings nach Tolånga reist, nachdem ihr Großvater gestorben ist, erkennt sie nach und nach, dass die Dinge in dem Dorf am Meer nicht so idyllisch sind wie sie ihr als Kind bei ihrem ersten Besuch bei ihren Großeltern erschienen. Der Großvater hat seiner Enkelin eine verschlossene Truhe hinterlassen und in dieser befindet sich der Beweis, dass es einst einen traumatischen Auslöser für dieses überstürzte Exil gegeben haben muss: der Tod einer gewissen Anna. Eva stellt zusammen mit dem Postboten Lasse Nachforschungen an, die sie ihrem unbekannten Vater näher bringen. Die friedlich erscheinenden Dorfbewohner bereiten sich auf das Mittsommernachtsfest vor, und zugleich wird Evas Lage immer bedrohlicher.

Ein Teil der Familie der Autorin Stanca-Musteas lebt in Schweden, und vermutlich ist das der Grund für diesen beschaulichen Schauplatz. Die Autorin hat in Bukarest, Wien und Heidelberg Literatur- und Kulturwissenschaft studiert. 2013 erschien von ihr die Biografie über Carl Laemmle – Der Mann de Hollywood erfand. Das Geheimnis des Mittsommers ist ihr Debüt in der Belletristik.

Das Geheimnis des Mittsommers ist ein ruhiger Roman über eine Suche, die der Protagonistin sehr viel bedeutet und sie auch in große Gefahr bringen wird. Es ist eine gut geschriebene, aber mäßige Motive wählende Erzählung einer abenteuerlichen Detektivgeschichte, in der verflochtene und unbekannte Familienverhältnisse geklärt werden sollen. In Tolånga ist nichts, wie es scheint: Da ist Evas Mutter, die nicht von ihrer Vergangenheit reden will und Eva verschwieg, wer ihr Vater sei; ihre Großmutter, die nach dem Tod ihres Mannes alleine lebt; Evas Onkel Sven, der mit seiner jungen Familie die schwedischen Traditionen um das Mittsommernachtsfest hochhält; ein skurriler, einsamer Leuchtturmwärter; der Metzger Hellbom, der vielleicht mehr weiss, als er zugibt...

Denn die Bewohner sind janusköpfige Charaktere, was der Erzählung überraschende Wendungen erlaubt, die dennoch nur schwach begründet werden – und das ist schade, denn gerade, wenn negative Begründungen nur seicht in der Vergangenheit nachgezeichnet werden, erscheinen die radikalen Nachwirkungen unmotiviert. Dabei stärken gerade die Figuren die Geschichte (auch wenn sie nur sehr selten und punktuell zur Sprache kommen), genauso wie die gut gewählte Verortung diesen Roman; die dörfliche Idylle erlaubt es Christina Stanca-Mustea, eine bedrohliche Eintracht wachsen zu lassen - auch wenn diese manchmal etwas plump erscheint, besonders, wenn immer und immer wieder ein "schwarzer Schatten" um die Schauplätze zu huschen scheint, der alles sieht, aber immer nur in seinem Verschwinden wahrgenommen wird. Gesäumt von Wald und Meer, liegt das kleine Dorf etwas abseits von der Welt und erscheint wie ein in sich gekehrter Mikrokosmos. Und dies ist der perfekte Nährboden für unter den Teppich gekehrte Verbrechen. Es kommt zu einer dramatischen Verfolgungsjagd und gefährlichen Enthüllungen im dunklen Wald; und doch ist es mit dem Aufklären der Vergangenheit noch lange nicht vorbei...

Stanca-Musteas Werk ist ein Fast-Krimi, der flüssig eine Geschichte erzählt, nicht allzu flach, nicht allzu voraussehbar, doch auch nicht unbedingt fesselnd; und doch ein Pageturner, der schnell gelesen ist und ein einigermaßen zufriedenstellendes Gefühl von schwedischer Landschaft, Leuchtturm und Marzipantorte hinterlässt.

Das Geheimnis des Mittsommers

Cristina Stanca-Mustea, Zauberberg

Das Geheimnis des Mittsommers

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