Etwas zu viele Elefanten
Seit einem tödlich verlaufenden Zwischenfall vor zehn Jahren, bei dem ihre Mutter spurlos verschwand und der ihren Vater als Pflegefall in eine Klinik brachte, lebt die 13-jährige Jenna bei ihrer Großmutter. Immer wieder tauchen Erinnerungsfetzen an ihre Mutter und andere Personen auf, die damals im Elefantenschutzzentrum in New Hampshire eine Rolle spielten. Jenna ist überzeugt, dass ihre Mutter noch lebt und ihr Verschwinden wie auch das Zurücklassen der kleinen Tochter einen drastischen Grund gehabt haben musste. Um das Rätsel zu lösen, spart Jenna Geld. Sie sucht das in Ungnade gefallene Medium Serenity auf, und bittet sie darum, sich auf die Suche nach ihrer Mutter zu machen. Doch seit Serenity ihr einstiger Erfolg in den Kopf gestiegen war und sie nach einem unglücklichen Moment ihre Fähigkeiten als Medium verlor, ist sie nicht mehr bereit, nach Vermissten zu suchen. Sie schickt das Mädchen unverrichteter Dinge wieder fort. Allerdings geht ihr Jenna nicht mehr aus dem Kopf. Schweren Herzens beschließt sie, dem Kind doch zu helfen. An Jennas Seite ist auch der Privatdetektiv Virgil, einst Ermittler im Todesfall im Elefantenschutzzentrum, inzwischen aber aus dem Dienst der Polizei ausgeschieden. Zu dritt machen sich Jenna, Serenity und Virgil auf die Suche nach Spuren, die einen Hinweis auf den Verbleib von Jennas Mutter geben könnten. Je mehr die drei in Erfahrung bringen, desto verworrener wird die Geschichte. Immer präsent sind dabei die Schicksale der Elefanten aus dem Schutzzentrum, die eine bedeutende Rolle in dem damaligen Drama einzunehmen scheinen.
Man muss Elefanten mögen, sehr sogar, um mit diesem Roman glücklich zu werden. Jodi Picoult genügt es nicht, die Handlung ihres Romans in ein Schutzzentrum für Elefanten zu legen, sie tränkt die Geschichte auch mit einer starken Essenz aus Informationen über das Leben von Elefanten. Das oft in einer solchen Fülle, dass es des Guten zu viel ist. Die Leserinnen und Leser müssen viel Geduld aufbringen, um diesen Teil des Romans über sich ergehen zu lassen, es sei denn, sie sind eingefleischte Fans der Dickhäuter und lechzen nach jeder möglichen Information. Es drängt sich der Verdacht auf, als wäre dieser Teil des Romans vor allem dazu gedacht, eine gewisse Seitenzahl zu erreichen, sind doch viele der in aller Breite dargelegten Informationen für die Geschichte nicht von Belang.
Gelingt es, das Zuviel der Elefanten wegzuschieben, wird man einen durchaus spannenden Roman entdecken, der immer wieder unerwartete Wendungen nimmt. Dass Jodi Picoult nicht vor okkulten Themen zurückschreckt, ist aus früheren Romanen der Erfolgsautorin durchaus bekannt. Hier baut sie diesen Bereich noch aus. Das in einem Masse, der bereits in Richtung Fantasy tendiert, wenn auch die Grenze noch nicht definitiv überschritten wird. Erfrischend ist die Figur der 13jährigen Jenna. Sie handelt und denkt wie ein Teenager, gibt den Lesern mühelos die notwendige Plattform, um sich dem Mädchen nahe zu fühlen und verschafft so auch den beiden begleitenden Figuren Serenity und Virgil einen angenehmen Auftritt. Gelungen sind auch die Rückblenden auf die Ereignisse vor zehn Jahren, wobei sich hier der Teil über die Elefanten belastend auf das Tempo der Geschichte auswirkt. Die Autorin bedient sich einer süffigen Sprache, die von der Übersetzung gut wiedergegeben wird und die den Lesespass deutlich erhöht. Dennoch bleibt der Roman selber hinter den erfolgreichsten Werken der Autorin zurück, wirkt da und dort etwas bemüht und orientierungslos. Wer die Romane von Jodi Picoult mag, dürfte darauf hoffen, dass sie nicht in diesem Fahrwasser weiter fährt.
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