Das Glück der fast perfekten Tage
- Wunderlich
- Erschienen: Januar 2016
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- Firenze, Mailand: Giunti, 2015, Titel: 'Ovunque tu sarai', Originalsprache
- Reinbek bei Hamburg: Wunderlich, 2016, Seiten: 192, Übersetzt: Suse Vetterlein
Ein Abschied und ein Neuanfang
Manchmal muss erst der schlimmste Fall eintreffen, bevor man sich bewusst wird, was im Leben wirklich zählt. Der Verlust eines geliebten Menschen ist dabei sicherlich das größte Unglück, welches passieren kann. Auch wenn der Abschied schleichend kommt, mindert dies den Schmerz nicht und die noch verbleibende Zeit wird umso kostbarer. Wenn Beruf oder Wohnort den direkten Kontakt erschweren, können auch Briefe oder E-Mails, die ausgetauscht werden, kostbar sein. Enthalten sie doch wichtige Botschaften, die immer wieder neu gelesen werden können und Trost spenden. Genauso ist es auch bei Anita, die ihrer Mutter, seit diese unheilbar an einem Tumor erkrankt ist, jeden Abend schreibt...
Seit Anita weiß, dass ihre Mutter bald durch einen Tumor sterben wird, schreibt sie ihr jeden Abend eine Mail. Sie erzählt von ihrem tollen Job und ihrer glücklichen Beziehung. Auch dass sie bald heiraten wird und Kinder geplant sind, gehört zu den Inhalten ihrer Nachrichten. Dass all dies frei erfunden ist, davon darf ihrer Mutter nichts erfahren. Schließlich soll sie ihre letzten Tage glücklich verleben und sich keine Sorgen um ihre einzige Tochter machen müssen. Erst als Anita während einer Zugfahrt einem geheimnisvollen Mann begegnet, kann sie ihre Sorgen, die Ängste um ihre Mutter und ihre Traurigkeit vergessen. Aurun zeigt ihr, was das Leben alles zu bieten hat, wenn man den Mut hat, sich seinen Risiken und Ängsten zu stellen. Doch dann droht ein Missverständnis alles zu zerstören...
Fioly Bocca ist mit ihrem Debütroman eine berührende und zeitweise auch traurige Geschichte gelungen. Aus der Perspektive ihrer Protagonistin erzählt sie, wie diese den baldigen Tod ihrer Mutter erwartet, der schließlich auch eintritt und damit weiterlebt. In einfühlsamen Briefen versucht sie ihrer Mutter die letzten Tage so angenehm wie möglich zu machen und steckt dafür selbst zurück, denn ihre Mutter soll ihr nicht anmerken, wie schlecht es ihr mit der Situation selbst geht und wie ernst die Lage ist. Der Autorin gelingt es, die Zerrissenheit Anitas so darzustellen, dass der Leser ihre Sorgen und Hoffnungen hautnah miterleben kann. Vor allem die Mails, die eigentlich voller Leichtigkeit und Optimismus stecken, als längst schon alle Zuversicht verloren ist, zeigen, wie es in Anita aussehen muss:
"Endlich kann ich durchatmen, meine Gedanken sortieren und dir diese Mail schreiben, die meinem Besuch vorauseilt - ich habe nämlich beschlossen, heute Abend zu dir zu fahren, Mama. Ich möchte die freien Tage nutzen und ein bisschen Zeit mit dir verbringen. Vorhin habe ich mit Papa telefoniert. Er sagt, dass die Ärzte zufrieden sind mit dem Verlauf der Therapie, dass es noch ein paar Untersuchungen geben wird, nur zur Kontrolle, und dass dir den Umständen entsprechend gutgeht."
Bocca beweist in ihrem Roman ihr Gespür für Sprache, für die leisen Töne, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Es macht Spaß, ihre Protagonistin zu begleiten und zu erleben, wie sie sich entwickelt.
Alles in allem ein lesenswerter und berührender Debütroman, der auf weitere Werke hoffen lässt.
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