Sag den Wölfen, ich bin zu Hause
Beziehungen sind komplexe Angelegenheiten
Beziehungen sind komplexe Angelegenheiten. Das erfährt auch die vierzehn jährige June Elbus. Ihr geliebter Onkel Finn Weiss stirbt an einer geheimnisvollen Krankheit. Niemand spricht über die genauen Umstände. Auch nicht ihre Mutter, Finns Schwester. June trägt schwer am Verlust. Ihr Onkel war immer für sie da und hat sie unterstützt. Gemeinsam haben sie viele Dinge unternommen und viele Leidenschaften geteilt. Ihre Mutter spricht nicht über ihren Bruder und blockt sämtliche Versuche, mehr zu erfahren ab. Wer soll ihr nun helfen, erwachsen zu werden? Was hat es mit der geheimnisvollen Krankheit von Onkel Finn auf sich? Wer ist der Unbekannte an Finn Weiss Beerdigung?
Nach dem Tod ihre Onkels kapselt sich June noch mehr von der Aussenwelt ab. Sie lebt von ihren Erinnerungen an Finn, ihren charismatischen Onkel, Helden, Freund und Vertrauten. Sie erinnert sich an die sonntäglichen Sitzungen für ein Porträt, welches Finn für sie und ihre Schwester Greta malt. June bewundert ihn und bemerkt nicht, dass ihre Schwester eifersüchtig auf diese intensive Beziehung reagiert. Greta erfährt, dass Finn einen Liebhaber hat. Am Tag der Beerdigung von Finn erscheint auch sein Geliebter, Toby. Greta erklärt June, dass dies der Typ sei, welcher ihren Onkel getötet habe. Toby versucht, mit June in Kontakt zu treten. Langsam, Schritt für Schritt, entwickelt sich eine, zuerst noch geheime, Freundschaft. Beide geniessen und pflegen die jeweiligen Erinnerungen an Finn. June entdeckt, dass viele Dinge, welche sie ihrem Onkel zugeschrieben hat, in Wirklichkeit durch Toby angestossen worden sind. Sie beginnt, die Sache mit anderen Augen zu sehen und erkennt Zusammenhänge. In der Zwischenzeit leidet Greta sehr unter der Abwesenheit ihrer Schwester und beginnt zu trinken. Sie verweigert sich der Möglichkeit, an einer Broadway-Aufführung teilzunehmen und verbockt ihre Bühnenauftritte. Aufgeschreckt durch das schwesterliche Verhalten, versucht June Greta zu helfen. Und auch der todkranke Toby wird miteinbezogen.
Die Geschichte spielt in den achtziger Jahren des vorhergehenden Jahrhunderts im kleinen Ort Westchester im Bundesstaat New York. Wie für jeden Teenager ist es auch für June nicht einfach, erwachsen zu werden. Sie ist schüchtern und zieht sich gerne in ihr Schneckenhaus zurück. Die freie Lebensweise ihres Onkels Finn verkörpert für sie das genaue Gegenteil ihres Seins. Er zeigt ihr mit seiner Unbekümmertheit, was im Leben alles möglich ist. Dass man sich nur trauen muss. Was June anfangs nicht weiss und erst nach und nach erfährt: ihr Onkel ist homosexuell und sterbenskrank. In June’s Familie wird jedoch nicht darüber gesprochen. Die Mutter verweigert sich jeglicher Diskussion. Niemand darf wissen, dass es in der Familie ein schwarzes Schaf gibt. Das macht die Sache für alle Beteiligten nicht einfacher und verstärkt die familieninternen Spannungen. Doch die Geschichte und ihre Akteure entwickeln sich. June wird mutiger, engagiert sich für ihren neuen Freund Toby und für ihre Schwester. Und sie lernt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Nicht nur oberflächlich zu betrachten, sondern auch zu hinterfragen. Ein sehr feinfühliger Roman mit tiefen Einsichten in die verschiedenen Arten der zwischenmenschlichen Beziehungen. Tiefgründig, fundiert und unterhaltsam erzählt die Autorin diese Familiengeschichte. Eine empfehlenswerte Lektüre. Spannend bis zum Schluss.
Carol Rifka Brunt wurde in New York geboren und lebt mit ihrem Mann und den gemeinsamen drei Kindern in England. „Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ ist ihr erster Roman.
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