Die Antiquarin
Liebe, Bücher und Erwachsenwerden
Rosemary ist 18 als sie nach dem Tod ihrer Mutter von Tasmanien nach New York zieht. Einsam und etwas verloren lässt sich zunächst treiben und erkundet die Stadt. Bis sie eines Tages das riesige Antiquariat "Arcade" entdeckt. Als Bücherliebhaberin ist sie fasziniert von der Atmosphäre dort und es gelingt ihr, eine Anstellung dort zu bekommen. So beginnt sie langsam, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden und Freundschaften zu schließen. Als sie schließlich von einem verschollenen Manuskript Hermann Melvilles erfährt, beginnt sie mit ihrem Kollegen Oscar danach zu forschen. Doch sie sind nicht die einzigen, deren Interesse geweckt wurde und so beginnt ein Katz und Maus Spiel, an dessen Ende nichts mehr so ist, wie es war.
Feine Erzählweise in schöner Sprache
Sheridan Hays Roman ist ein Buch der leisen Töne, auch wenn der Klappentext zumindest teilweise etwas anderes vermuten lassen könnte. In einer schönen, teilweise poetischen Sprache gibt sie ihren Figuren, nicht nur Rosemary, einen Charakter und lässt die Atmosphäre im "Arcade" vor den Augen des Lesers entstehen. Für Bücherliebhaber ist das Antiquariat so etwas wie das Paradies auf Erden: Eine hoher Raum mit Regalen voller Bücher sowie mannshohe Stapel von weiteren Büchern überall auf dem Boden, so dass es nur schmale Gänge dazwischen gibt. Bevölkert wird das Ganze von einem Haufen skuriller Persönlichkeiten, die ebenfalls dort arbeiten. Da ist der Inhaber George Pike, der von sich nur in der dritten Person spricht und hauptsächlich Bücher auszeichnet, der Geschäftsführer Walter Geist, der unter seinem Albinismus leidet, der Sachbuchexperte Oscar, schön und unnahbar und die transsexuelle Kassiererin Pearl, die schon bald eine gute Freundin für Rosemary wird, um nur ein paar zu nennen. Sie alle lernt der Leser zusammen mit Rosemary kennen und nach und nach besser verstehen.
Rosemary selber ist ein hervorragend gelungener Charakter: Sympathisch und naiv, aber auch überraschend mutig und eigensinnig, wenn es darauf ankommt. Man begleitet sie gerne durch ihr neues Leben und verfolgt ihre Erfolge ebenso wie ihre Niederlagen mit. Ihre Naivität kann zwar manchmal anstrengend sein, besonders in ihren romantischen Gefühlen ihrem Kollegen Oscar gegenüber, wirkt aber bei einer unerfahrenen 18-jährigen nicht übertrieben. Umso zufriedener ist man als Leser, wenn man Rosemary am Ende des Buchs mit dem Gefühl verlässt, dass sie an ihren Erlebnissen und Erfahrungen gewachsen und erwachsener geworden ist.
Etwas überfrachtet durch zu viele Themen
So wunderbar die Sprache ist und so faszinierend die Personen, so kann man sich doch des Gefühls nicht erwehren, dass die Autorin etwas zuviel versucht hat. Neben der Entwicklung Rosemarys nimmt natürlich auch die Suche nach dem verschollenen Manuskripts Hermann Melvilles ab der Mitte einen größeren Raum ein. Durch die eingestreuten Zitaten werden die Passagen (nicht nur!) für Melville Fans zu einem besonderen Lesevergnügen, weisen aber auch einige Längen auf, da die Autorin immer wieder anderes einstreut und sich die "Jagd" längst nicht spektakulär gestaltet, wie man es anhand des Klappentextes meinen könnte. Zudem spielen die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen sowie die Gewaltverbrechen in der argentinischen Diktatur eine Rolle. So fügen sich die einzelnen Erzählstränge zwar ganz gut, aber eben nicht perfekt zusammen und erzeugen immer mal wieder Längen, die wiederum beim Leser ein unbefriedigtes Gefühl hinterlassen.
Schade ist außerdem, dass die Sheridan Hay ihre ruhige Erzählweise gegen Ende des Buches verlässt und einige etwas temporeichere, aber leider nicht überzeugende Szenen einbaut. Diese Passagen wirken einfach deplatziert, hinterlassen teilweise sogar ein schales Gefühl beim Lesen und lassen das Feingefühl des sonstigen Romans vermissen.
Insgesamt ist Sherdian Hays Erstlingswerk ein faszinierender Roman, atmosphärisch sehr dicht und mit interessanten Figuren gefüllt. Einzig die Vielzahl an verschiedenen Themen, die teilweise dadurch entstehenden Längen sowie einige der Szenen am Ende des Buchs mindern das Lesevergnügen, so dass das Buch letztendlich nicht restlos zu überzeugen vermag.
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