Einblicke in eine harte, entbehrungsreiche Zeit und die sich langsam anbahnenden gesellschaftlichen Veränderungen
Der zweite Band um die Fotografin Mimi Reventlow fügt sich nahtlos an den ersten Teil «Die Fotografin – Der Anfang des Weges». Mimi bleibt im Leinenweberdorf Laichingen und pflegt ihren kranken Onkel Josef. Nebenbei möchte sie ihr Fotoatelier ausbauen und sie engagiert sich in der Dorfgemeinschaft. Dies kommt nicht überall gleich gut an. Doch sie kämpft für die Unabhängigkeit jedes Einzelnen. Für bessere Arbeitsbedingungen der Weber kämpft auch Hannes. Ob er wirklich wegen Mimi zurückgekehrt ist?
Für Mimi ist es eine Herzensangelegenheit, ihren kranken Onkel zu pflegen. Deshalb bleibt sie in Laichingen und verzichtet vorderhand auf ihre Arbeit als Wanderfotografin. Sie ist überzeugt, dass sie im Dorf genügend Aufträge erhalten wird, um für sich und Onkel Josef den Lebensunterhalt verdienen zu können. Doch die Armut im Dorf ist gross und die Einwohner können sich nur zu ganz besonderen Gelegenheiten eine Fotografie leisten. Über kurz oder lang muss sich Mimi etwas einfallen lassen.
Aber Mimi kämpft nicht nur mit finanziellen Problemen. Sie engagiert sich nach wie vor für die Leute im Dorf, dies wird nicht gern gesehen. Die Älteren werfen ihr vor, dass sie den Jungen Flausen in den Kopf setzt und sie zum Träumen von einem besseren Leben verleitet. Ja sie sogar darin unterstützt, sich ein anderes Leben aufzubauen. Entschieden gegen solch neumodischen Ideen ist Hermann Gehringer. Als Webereibesitzer ist es ihm wichtig, dass die Dorfbewohner von ihm abhängig bleiben und die Jungen als Nachwuchs in der Weberei arbeiten. Er versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Fotografin zurück zu binden und ihr Steine in den Weg zu legen. Um Mimi unter Kontrolle zu halten, macht ihr Gehringer ein Angebot. Dieses kann sie aus finanziellen Gründen unschwer ablehnen.
Für Mimi ist es belastend, von Gehringer abhängig zu sein. Gleichzeitig geht es ihrem Onkel immer schlechter und das Verhalten von Hannes verursacht ihr je länger je mehr Kopfzerbrechen. Sorgen ohne Ende.
Der zweite Teil um die Fotografin Mimi Reventlow fasst die Zeit von April bis November zusammen. Mimi pflegt ihren Onkel Josef bis zu dessen Tod. Die Autorin lässt die Leser eintauchen in das entbehrungs- und arbeitsreiche Leben der Bewohner von Laichingen. Die nie endende Arbeit, tagsüber in der Weberei unter unwürdigsten Bedingungen, abends auf den Feldern und nachts beim Besticken von Blusen und Kissen. Sehr anschaulich beschreibt die Autorin die Armut der Leute und ihre Angst, die einzige Einnahmequelle zu verlieren. Die Abhängigkeit vom Webereibesitzer lässt den Arbeitern und ihren Familien keine Wahl, als sich zu fügen. Die Leute werden zurückgebunden und ihre Angst wird zusätzlich geschürt. Frischen Wind bringt da die Fotografin mit ihrem Mut und ihrem Willen, etwas zu verändern. Doch auch sie muss Niederlagen einstecken und muss erkennen, dass der Fortschritt noch auf sich warten lässt.
Fazit:
Die Zusammenhänge im zweiten Teil der Geschichte um die Fotografin versteht der Leser auch, ohne den ersten Band gelesen zu haben. Das nötige Wissen wird laufend vermittelt. Es ist ein wenig schade, dass beim Lesen des zweiten Bandes zeitweise das Gefühl von Länge entsteht. Da hat die Geschichte etwas an Tempo verloren. Trotzdem ist auch der zweite Band der Fotografin absolut lesenswert und gewährt weitere Einblicke in eine harte, entbehrungsreiche Zeit und die sich langsam anbahnenden gesellschaftlichen Veränderungen.
Petra Durst-Benning, Blanvalet
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