Keine leichte Kost, aber atmosphärisch gut.
„Es ist ein einfacher und fairer Handel. Ein Bruder für einen Bruder. Eine Gefangennahme für einen Ausbruch.“
Der Schwarzwald – nicht umsonst trägt er diesen Namen, denn seine dicht an dicht stehenden Bäume lassen nur wenig Licht hinein. Und so verschluckt er alles, was ihm zu nahekommt. Mittendrin steht eine Hütte, in der einst zwei Brüder, Benno und Stephan, sowie deren Eltern lebten. Doch eines Tages verschwinden die Eltern spurlos. Stephan, der ältere Bruder, kehrt daraufhin seiner Heimat den Rücken und zieht in die Stadt. Zurück bleibt Benno, allein mit den Dämonen, die der Wald beschert.
Drei Jahre später erhält Stephan einen Anruf von Alfred, der von jeher so etwas wie eine Vaterfigur für die beiden war und sie schon von klein auf kennt. Alfred deutet vage an, dass Benno etwas mit dem Verschwinden der Eltern zu tun haben könnte. Unter einem Vorwand beschließt Stephan, in den Schwarzwald zurückzukehren und dem auf den Grund zu gehen.
Schnell merkt Stephan die Anziehungskraft des Schwarzwaldes und spürt, wie er auch körperlich und geistig auf ihn reagiert. Vor allem aber ist er überrascht, wie sehr sich Benno entwickelt hat. Sein kleiner Bruder ist zu einem stattlichen jungen Mann herangewachsen, geformt von der Einsamkeit und Abgeschiedenheit. Doch hat er wirklich etwas mit dem Verschwinden der Eltern zu tun? In Stephan keimt ein furchtbarer Verdacht – wie soll er damit umgehen?
Gewöhnungsbedürftiger Schreibstil
Jochen Veit schafft kein einfaches Szenario, in dem es um Schuld geht und wie man dieser begegnet. Vordergründig geht es nicht darum, wer die Schuld an einem möglichen Verbrechen trägt, sondern vielmehr um das Einstehen eines Bruders für den anderen. Trägt der ältere die Verantwortung für den jüngeren, selbst wenn dieser ihn verlässt?
Stephans Rolle als Bruder und überhaupt als Protagonist in diesem Buch treibt während der ganzen Geschichte seicht dahin. Zunehmend verfällt er in eigene Wahnvorstellungen und das Buch geht in eine surreale Richtung über – Wahn und Wirklichkeit verschwimmen. Als Leser wird man an losen Fäden gehalten, inwieweit nun Bennos Vergangenheit Stephan betrifft. Zumindest Stephans Entscheidung zum Ende hin könnte klarer nicht sein.
Fazit:
Jochen Veits Debüt zieht einen rein in die Surrealität des Schwarzwalds und in die Beziehung zweier Brüder, die mit dem Verschwinden der Eltern eine neue Dimension erreicht hat. Keine leichte Kost, aber atmosphärisch gut.
Deine Meinung zu »Mein Bruder, mein Herz«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!