Der Wal und das Ende der Welt
- S. Fischer
- Erschienen: März 2019
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Übersetzung: Maria Poets, Tobias Schnettler
Ein fiktives Szenario, beängstigend erzählt
„Die Gesellschaft ist nur drei volle Mahlzeiten von der Anarchie entfernt.“
Was kann man schon an Überraschungen im 300-Seelen-Dorf St. Piran erwarten? Hier am Ende der Welt scheint man vergessen, abgeschottet von jeglicher Zivilisation und abgegrenzt vom Ozean. Doch ausgerechnet hier soll Geschichte geschrieben werden: Ein nackter Mann wird an die Küste gespült und vollbringt Unglaubliches. Noch Jahrzehnte danach wird man sich an ihn erinnern und ihm zu Ehren das jährliche Fest des Wales zelebrieren.
Ein beängstigendes Zukunftsszenario
Ein nackter Mann an der Küste: Was wie ein schlechter Witz beginnt, soll für St. Piran schon bald zur Rettung werden. Der Name des Mannes ist Joe Haak. Eigentlich lebt er in London und arbeitet dort für eine große Bank als Analyst. Als solcher studiert er Aktien und spekuliert auf fallende Kurse, denn damit ist tatsächlich viel Geld zu holen. Da damit jedoch auch hohe Risiken verbunden sind, entwickelt er ein Computerprogramm, das er Cassie tauft. Dieses beruht weniger auf Algorithmen, sondern sammelt weltweit die Nachrichten und Expertenaussagen zu gewissen Themen, wie Ölexport, politische Umwälzungen, Kriege und Naturkatastrophen. Daraus berechnet Cassie zukünftige Ereignisse, die einen Effekt auf gewisse Aktien haben könnten.
Einige Zeit später landet er schließlich im kalten Atlantik und wird von einem Finnwal gerettet. Von Dorfbewohnern am Strand aufgefunden, wird Joe in der Dorfgemeinschaft aufgenommen und integriert. Doch Joe treibt einiges um – er befürchtet eine globale Krise, die Millionen, wenn nicht mehr, das Leben kosten könnte. Daher beschließt er, sein gesamtes Vermögen dafür auszugeben, haltbare Lebensmittel zu kaufen und diese in der Kirche von St. Piran zu bunkern. Sein Ziel ist es, das Dorf auf Tag X vorzubereiten. Schließlich kommen erste beängstigende Nachrichten aus Indonesien: Ein aggressiver Grippevirus rafft tausende Menschen dahin und breitet sich immer weiter aus. Es scheint, als würde Joe richtig liegen – doch wie soll er all die Menschen im Dorf schützen, die ihm immer mehr ans Herz wachsen?
Das Gute im Menschen
Man liest und hört es so oft: Die Menschheit steht kurz vor einer globalen Katastrophe. Dabei sind die Möglichkeiten scheinbar endlos: eine tödliche Krankheit, ein Atomkrieg, Hungersnöte, Wasserknappheit, Naturkatastrophen. Doch welche wird uns treffen? Was wäre, wenn man herausfinden könnte, welche der genannten am wahrscheinlichsten ist? Wie würden wir uns verhalten? Wäre sich jeder selbst der nächste oder würde die Menschheit eine Einheit werden?
John Ironmongers Der Wal und das Ende der Welt spielt mit einem beängstigenden Gedanken. Ein kleines Dorf wird zum Zentrum des Geschehens und zum Beispiel für ein mögliches Zukunftsereignis. Joes Programm Cassie ist eine fiktive Möglichkeit, ein nahendes Szenario aufzudecken und sich darauf einzustellen. Dabei geht der Autor nicht mit erhobenem Zeigefinger voran oder setzt auf Spannung durch sich entwickelnde Anarchie. Vielmehr lädt er ein, zu überlegen, wie wacklig unsere Gesellschaft ist, da sie eigentlich nur auf wenigen Ressourcen basiert.
Im Grunde ist es ein ruhiger, aber geladener Roman, der kritisch hinterfragt, aber nicht überfordert. Vereinzelte Fakten sind nicht langweilig aufgezählt, sondern sinnvoll in die Geschichte verwoben. Sie sind das Salz in der Suppe, da sie schockieren und atemlos machen. Umso bedauerlicher, dass die Geschichte nach rund der Hälfte eintöniger wird. Zwar wird es durchaus wieder besser, aber man wird doch gewaltig abgebremst.
Fazit:
Der Autor hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, jedoch ohne die Moralkeule hervorzuholen. Vielmehr sprechen die Fakten für sich und lassen einen kritisch hinterfragen. Ein fiktives Szenario, beängstigend erzählt, mit dem Gedanken im Hinterkopf: Das könnte Wirklichkeit werden.
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