Es gibt Schlimmeres als den Tod eines geliebten Menschen. Sein Verschwinden.
Seit Violette Toussaint Friedhofswärterin in einem kleinen Dorf im Burgund ist, hat sie ihr eigenes kleines Paradies gefunden. Ihren Friedhof hegt und pflegt sie mit viel Gespür und mit viel Freude. Für jeden Besucher hat sie ein offenes Ohr. Diese schätzen Violettes stille ruhige Art sehr und erzählen ihr bei einer Tasse Tee ihre ganz persönlichen Lebensgeschichten und ihre Erinnerungen an die Verstorbenen.
Ein schwerer Start ins Leben
Violette wuchs als Waisenkind bei verschiedenen Pflegeeltern auf. Als sie Philippe Toussaint als Minderjährige kennenlernt, fühlt sie sich das erste Mal in ihrem Leben geborgen. Bereits nach ein paar Tagen zieht sie bei ihm ein und klebt wie eine Klette an ihm. Doch Philippe ist ein Tunichtgut und Frauenheld. Violette arbeitet und sorgt für Einnahmen, während Philippe sich zu nichts berufen fühlt und auf Tour geht.
Als Violette schwanger ist, heiraten sie gegen den Willen von Philippes Eltern. Sie bewerben sich als Schrankenwärterpaar und ziehen in ein kleines Dorf. Doch schon bald muss Violette feststellen, dass Philippe trotz Baby weiter auf Tour geht und sie auch seinen Job übernehmen muss.
Nach einem schrecklichen Schicksalsschlag verschwindet Philippe und taucht nicht mehr auf. Violette findet nach einer äußerst schwierigen Zeit wieder zurück ins Leben, zieht um und findet ihr kleines Paradies als Friedhofswärterin. Ihr neues Leben verläuft ruhig, bis zu jenem Tag, als sich ein Besucher meldet, welcher seine Mutter im Grab eines ihm unbekannten Mannes beisetzen möchte. Er erzählt ihr nach und nach aus dem Tagebuch seiner Mutter ihre außergewöhnliche Liebesgeschichte.
«Ich werde ziemlich oft gefragt, ob ich früher Ballett getanzt habe. Dann sage ich Nein. Dass der Alltag mich disziplinierte, mich jeden Tag an die Stange und auf die Fussspitzen schickte.»
Der Roman erzählt hauptsächlich die Geschichte Violettes. Die Geschichte ihrer traurigen Kindheit und ihrem schwierigen Leben. Von der totalen Ergebenheit gegenüber Philippe Toussaint, der emotionalen Abhängigkeit. Aber die Geschichte erzählt auch von der Weiterentwicklung, dem Reifeprozess einer eigentlich sehr starken, mutigen und doch sehr sensiblen Frau. Feinfühlig beschreibt die Autorin Violettes Leben über viele Lebensstationen hinweg.
Viel Platz erhalten insbesondere die Details aus dem Leben der Nebenfiguren sowie der Verstorbenen. Das zieht den Roman etwas in die Länge, dafür erhält der Leser als Ausgleich zum ernsten Grundthema ungewöhnliche Liebesgeschichten erzählt.
Im Roman enthalten sind auch sehr spannende Momente, die an einen Krimi erinnern. So führt beispielsweise eine Spurensuche unerwartet in die Vergangenheit – plötzlich scheint sich der Kreis zu schließen. Zwar ist die Geschichte ein wenig zu detailliert und langatmig, doch wird diese dadurch in ihrem Ansatz einfallsreich.
Fazit
Das Buch Unter hundertjährigen Linden trägt viele Elemente für gute Unterhaltung in sich. Die feinen Prisen Humor, das französische Lebensgefühl sowie die romantischen Liebesgeschichten ergeben einen schönen Gegensatz zum ernsten und teilweise tragischen Hintergrund.
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