Goethe. Verwandlung der Welt
- Prestel Verlag
- Erschienen: Juni 2019
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- Hardcover, 304 Seiten
Goethe in der Welt und in unserer Wahrnehmung
Johann Wolfgang von Goethe ist allgemein bekannt. Er gilt als einer der größten Dichter der deutschen Sprache und wird gern – zusammen mit Friedrich Schiller – als Stellvertreter der hiesigen Kultur dargestellt. Jedermann kennt Bilder, die ihn zeigen, hat einen oder mehrere seiner Texte gelesen. In großen und ausführlichen Biografien wurde sein Leben und Wirken bereits beschrieben.
In einer umfangreichen Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn konnte man 2019 nun dem Dichter auf vielfältige Weise begegnen: in zahlreichen erklärenden Texten und Bildern, die ihn in unterschiedlichen Lebensphasen darstellen, wurde dem Publikum ein Einblick in das Leben der überlebensgroßen Person Goethe vermittelt.
Zur Ausstellung veröffentlichte der Prestel Verlag ein großformatiges und liebevoll gestaltetes Buch, um die Inhalte aus den Räumen der Bundeskunsthalle dauerhaft einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Es ist ein reich bebilderter Band, der viele Einblicke gibt und den Leser mit zahlreichen Facetten des Dichters, aber auch seiner Wahrnehmung, vertraut macht.
Lebensstationen und gesellschaftliche Umbrüche
Der Band befasst sich zu einem Großteil mit der Vermittlung der verschiedenen Lebensstationen des Schriftstellers. Es wird die Kindheit in Frankfurt beleuchtet und ein erster Ausblick auf spätere Entwicklungen gegeben; denn schon früh wurde der angehende Autor und Kunstliebhaber in seinem Geschmack und Interesse durch den elterlichen Haushalt geprägt.
Der Italienreise wird ein eigenes Kapitel gewidmet, da sie entscheidend für das Kunstverständnis Goethes war, aber auch darüber hinaus für das Publikum interessant ist, denn dort lebte der bereits bekannte und verehrte Schriftsteller ein durchaus freies Leben, das ihm in dieser Form in Deutschland nicht möglich war. Er führte ein unbekümmertes Dasein, wie die Dokumente und auch Zeichnungen aus dieser Zeit belegen.
Die Weimarer Ära erscheint auf den ersten Blick als ruhige Phase in Goethes Leben, da er verschiedenen Tätigkeiten nachging und sich kontinuierlich als großer Denker etablierte. Doch auch dieser Teil seines Lebens ist durch Veränderungen geprägt - wenn sie auch vielfach seine Umwelt betreffen -, denn an politischen Umstürzen mangelte es zu seinen Lebzeiten nicht. Die Französische Revolution, die Herrschaft der Jakobiner und das napoleonische Kaiserreich wirkten sich auf das scheinbar so ruhige Dasein in Weimar aus und bewegten den älteren Goethe. Er war einerseits angetan von den demokratischen Veränderungen und den hehren Idealen der Revolution, zugleich aber abgeschreckt von der Brutalität des Umsturzes.
Der Autor, das Werk und seine Aufnahme
Natürlich werden auch die wichtigsten Werke aus der Feder des großen deutschen Schriftstellers im vorliegenden Band eingehend betrachtet und dabei gekonnt mit seiner Biografie und den gesellschaftlichen Umständen in Verbindung gebracht, woraus dem Leser ein umfangreiches Verständnis für die bekannten Titel erwächst.
Der „Werther“ als Frühwerk Goethes stand noch ganz im Zeichen von Sturm und Drang. Die Leidenschaft des jungen Mannes war die treibende Kraft des Romans und führte zu einem Erfolg, der Goethe schlagartig berühmt machte. Werther und Lotte werden genau betrachtet, auch im Hinblick auf ihre Popularität, die sich in vielerlei Formen zeigte. Es werden Teeservices mit ihren Abbildern und den bekanntesten Szenen aus dem Buch gezeigt. Das unglückliche Paar war zur damaligen Zeit ein beliebtes Motiv.
Der „Faust“, an dem Goethe viele Jahre arbeitete, ist ein Werk ganz anderer Gattung. Der Gelehrte, der seine Grenzen erweitern will und zu allem bereit ist, ist kein jugendlicher Heißsporn wie Werther. Wohlüberlegt fällt er eine Entscheidung und geht eine Verbindung mit dem Teufel ein. Er ist dem bedingungslosen Fortschritt erlegen.
Zu den herausragenden Qualitäten des Buches zählt die Darstellung der Rezeptionsgeschichte: Goethe und sein Werk werden nicht nur erklärt, sondern auch in ihrer Wirkung und Verwendung beschrieben. Dies gilt für den Werther, Faust, aber auch für den „Diwan“, der in heutiger Zeit eine besondere Relevanz besitzt und in verschiedenen Lagern für die eigenen Zwecke instrumentalisiert wird. Das Buch vermag es, durch diese Verweise auf Goethes ungebrochene Relevanz hinzuweisen und seine wahre Größe aufzuzeigen.
Fazit
Goethe. Verwandlung der Welt zeigt uns Goethe als Menschen, Dichter und Ikone, wie er gesehen und wahrgenommen wurde. Ein schöner und aufschlussreicher Band – eine wahre Freude.
Thorsten Valk (Hrsg.), Rein Wolfs (Hrsg.), Hellmut Seemann (Hrsg.), Prestel Verlag
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