Eine filmreife Familiengeschichte
Opa Heinrich ist tot. Seinen vier Enkeln hinterlässt er ein Tagebuch, in dem er in seinem ganz eigenen Stil eine unbekannte, erschreckende Vergangenheit offenbart. Johannes und seine drei Brüder machen sich auf den Weg, um Opa Heinrichs Geschreibsel auf den Grund zu gehen. Sie merken schnell: Opa Heinrich hatte Dreck am Stecken!
Die vier Enkel werden wieder ein eingeschworenes Team
Johannes, Jakob, Philipp und Simon waren einmal ein eingeschworenes Team. Aufgewachsen in der Hamburger Hochhaussiedlung Osdorfer Born, wissen sie, wie man sich durchsetzt, dass man zusammen stärker ist, und dass eine Familie auch ohne Vater, aber mit Opa funktionieren kann. Der frühe Tod der depressiven Mutter hat sie noch mehr zusammengeschweißt. Doch jetzt, als Erwachsene haben sie sich auseinandergelebt, jeder geht seinen Weg als Chirurg, Journalist, Bildhauer und Wirtschaftswissenschaftler.
Doch Opa Heinrichs Tod bringt sie wieder zusammen. Gemeinsam wollen sie herausfinden, was Opa Heinrich getrieben hat und ob die biestige Alte auf seiner Beerdigung wirklich ihre Oma ist.
Es wird eine chaotische, aber liebenswerte Familie präsentiert, die dem Leser sofort ans Herz wächst. Jeder der vier Jungs hat einen anderen Erzeuger, wobei das gesamte gesellschaftliche Spektrum abgedeckt ist. Opa Heinrich lebt mehr in der Eckkneipe, ist aber immer zur Stelle, wenn Not am Mann ist – was ziemlich oft der Fall ist, da einer der Vier stets in irgendwelchen Schwierigkeiten steckt.
Nach dem Tod der Mutter übernimmt Johannes, der Älteste, immer mehr die Verantwortung. Dies verlangt ihm viel ab, weil Opa Heinrich immer tüdeliger wird und Simon psychische Probleme hat. Alexandra Fröhlich hat es geschafft aus allen Handelnden wahre Charaktere zu machen, von denen jeder seine Eigenart hat, die sich schon im Kindesalter herauskristallisiert.
Die Autorin lässt Johannes die Geschichte erzählen
Johannes ist Journalist und vielleicht deshalb auserkoren, die Geschichte zu erzählen. In eingestreuten Rückblicken lernen wir seine Familie kennen, begleiten die Jungs durch Kindheit und Jugend und erfahren, dass alle Abitur machen, studieren und ihren Weg finden. Naja, fast alle, denn Simon braucht eine Betreuerin: Ania ist Polin und passt wunderbar zum Rest der Chaoten.
Alexandra Fröhlich schreibt in einem so köstlichen Stil, dass es einfach Spaß macht, den Roman zu lesen. Witzig und humorvoll schafft sie es ein eigentlich schwieriges Thema an den Leser zu bringen – es geht um Schuld und Sühne. Die Brüder haben ihre ganz eigene Art mit den Problemen umzugehen und die ist einfach nur herrlich zu lesen. Gewohnt unkonventionell und nicht immer legal streben sie eine Lösung an, die „Oceans 12“ in den Schatten stellt und die beim Leser manchmal mehr als ein Schmunzeln hervorruft.
Die Geschichte strotzt vor Situationskomik und sprachlichem Witz und selbst die gängigen Klischees sind schon wieder so überzogen dargestellt, dass sie einen zum Lachen bringen. So gibt es z.B. in Argentinien jeden Abend gegrillte Steaks von ungeahnten Ausmaßen, Anias Schwierigkeiten mit der deutschen Grammatik machen sie nur umso sympathischer und die grantelnde Alte stellt jede Xanthippe in den Schatten.
Fazit
Alexandra Fröhlich ist mit Dreck am Stecken eine brillante Komödie gelungen, die auf lockere Art ein schwieriges Thema behandelt. Dabei sprüht der Wortwitz, die Situationskomik kommt nicht zu kurz und die Personen sind echte Originale. Trotzdem ist der sprachliche Stil nicht plump, die Geschichte nicht platt herunter erzählt, sondern durch die Rückblenden differenzierter gestaltet. Kurz – es ist ein rundum köstlicher Mehrgenerationen-Roman, der regelrecht nach einer Verfilmung schreit.
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