Die Model-Schwester
Der reiche „Pa Salt“ d‘Aplièse adoptiert sechs Mädchen aus allen Winkeln der Erde. Er benennt sie nach den Sternen der Plejaden und gibt ihnen in seiner Villa „Atlantis“ am Genfer See ein Zuhause. Nach seinem plötzlichen Tod erhält jede seiner inzwischen erwachsenen Töchter einen Hinweis auf ihre Herkunft.
Das ist die Grundlage für die „Sieben-Schwestern-Reihe“, deren erster Band rund um die älteste Schwester Maia bereits 2015 erschienen ist. Inzwischen liegt mit „Die Sonnenschwester“ der sechste Band vor, der sich mit Elektra, der Jüngsten, beschäftigt.
Elektra – die jüngste und berühmteste Schwester
Weil Pa Salt die siebte Schwester nie gefunden hat, ist Elektra die Jüngste im Bunde. Als 16-Jährige wurde die schwarze Schönheit als Model entdeckt. Sie ist ein schwieriger und launiger Charakter, der Kokain braucht, um zu funktionieren, und Alkohol, um wieder runterzukommen. Ihre Berühmtheit als Supermodel macht ihr das Leben nicht leichter - im Gegenteil. Nach einem Komplettabsturz fragt sie sich, warum sie so ist, wie sie ist und verspürt den Wunsch, ihr Leben zu ändern. Da kommt der neugeknüpfte Kontakt zu ihrer leiblichen Großmutter gerade recht, die ihr die Familiengeschichte ihrer Vorfahren erzählt.
Rückblicke lassen die Vergangenheit aufleben
Riley bleibt auch im sechsten Band der Reihe beim bewährten Erzählmuster. Die Protagonistin erhält einen Anstoß, ihre leibliche Verwandtschaft kennenzulernen, findet einen Ansatzpunkt und bekommt in eingestreuten Rückblicken ihre Familiengeschichte erzählt. Es stellt sich bei jeder Schwester heraus, dass ihre Familie in eine geschichtlich relevante Begebenheit verwickelt war, wie den Bau der Christus-Statue in Rio de Janeiro oder die Verfolgung der Sinti und Roma während der Herrschaft Francos in Spanien. Elektra erfährt, dass ihre Wurzeln in Kenia zu finden sind, aber auch der Kampf gegen die Apartheid in Amerika ein Thema ihrer Historie ist. Aber anders als in den Vorgängern, wo bekannte Realität mit fiktiven Details interessant verwoben wurde, wird hier nur Bekanntes wiedergekaut. Die Schilderungen des Lebens in Kenia sind zwar der ausführlichste Teil des ganzen Buches, aber nur ein fader Abklatsch von „Jenseits von Afrika“ bis hin zum ständig abwesenden Ehemann und dem Flug über die Savanne. Die Geschichte des Kampfes um Gleichberechtigung in den Vereinigten Staaten wird dagegen eher stiefmütterlich abgehandelt, obwohl hier wesentlich mehr reale Geschichte geschrieben wurde.
Wiederholungen mindern das Lesevergnügen
Wie gewohnt wird zwischen den Rückblicken das Leben der Protagonistin geschildert, was im Fall von Elektra leider eine Endlosschleife ihrer Probleme darstellt. Irgendwann hat es auch der begriffsstutzigste Leser verstanden, was Drogen und Alkohol (auch noch nach dem Entzug) mit einem Menschen anstellen können. Aber Riley wird nicht müde, auf diesem Problem herumzukauen. Das über 800 (!) Seiten dicke Buch wäre wesentlich kurzweiliger und dennoch vollständig erzählt gewesen, hätten nicht die ständigen Wiederholungen die Geschichte unnötig in die Länge gezogen. Auch dürfte es für Neueinsteiger in die Reihe schwierig sein, sich in der ungewöhnlichen Familie d‘Aplièse zurechtzufinden. Die Personen werden als bekannt vorausgesetzt, eine Einführung findet so gut wie nicht statt. Eine chronologische Lektüre der Bücher ist sehr zu empfehlen, will man die Geschichte trotz der beschriebenen Mängel genießen.
Fazit
Die Bücher der Vielschreiberin Lucinda Riley gehören zur leichten Unterhaltungsliteratur, die sowohl inhaltlich als auch sprachlich keine großen Anforderungen an den Leser stellt. Doch bis jetzt waren die Bände der „Sieben-Schwestern-Reihe“ immer sehr geschickt mit einem Detail aus der Geschichte verknüpft. Das ist der Autorin in „Die Sonnenschwester“ nicht durchgehend gelungen. In dieser Hinsicht ist das Buch eine Enttäuschung. Wer aber die Vorgänger gelesen hat, wird auch diesen Band geduldig verschmökern, über die Längen hinweglesen und gespannt sein, ob es vielleicht doch noch eine siebte Schwester (und damit ein siebtes Buch) geben wird.
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