Fuchs 8
- Luchterhand
- Erschienen: Oktober 2019
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- OT: Fox 8 - A Story
- aus dem Englischen von Frank Heibert
- HC, 56 Seiten
Ein ungewöhnlicher Erzähler
George Saunders, der wohl höchst geschätzte US-Autor der Gegenwart, hat wieder einmal sein Publikum überrascht und begeistert. Nach beeindruckenden Kurzgeschichten und seinem Romandebut legt er nun eine Erzählung vor, die niemand von ihm erwartet hat und die auf den ersten Blick nicht ins Gesamtwerk zu passen scheint. Aber Saunders ist extrem kreativ und experimentierfreudig, er verändert seinen Stil und seine Technik je nach Thema. In Fuchs 8 hat er wieder einmal die Perspektive gewechselt - diesmal sind es aber keine Toten, die zu uns sprechen, sondern ein Fuchs.
Fuchs 8 hat regelmäßigen Kontakt zu Menschen gehabt. Er hat über längere Zeit eine Familie beobachtet und dabei die Sprache der Menschen erlernt. Auch das Schreiben beherrscht er, wenn auch mit einigen Schwirichkaitn. Aber für einen Fuchs, das muss man anerkennen, ist er sehr wortgewandt und ausdrucksstark.
Er ist der Verfasser des Textes und erzählt uns eine Geschichte: wie er zu der Familie fand, wie die Eltern den Kindern abends Märchen vorlasen und wie er den anderen Füchsen von den Menschen berichtete. Er ist ein Verbindungsglied zwischen zwei Welten, die eigentlich getrennt sein sollten. Und er hat Ambitionen, sich den Menschen weiter anzunähern. Deshalb lernt er ihre Sprache.
Der Lebensraum der Füchse ist bedroht
Dann kommt es zur Katastrophe: Der Wald, in dem die Füchse zuvor gelebt hatten, wird plötzlich ohne Vorwarnung zerstört. Große Maschinen fällen die Bäume. Der Lebensraum der Füchse ist bedroht und damit auch ihr gewohntes Leben. Denn Nahrung können sie kaum noch finden. Sie werden mager und ängstlich und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Währenddessen ist auf dem Gebiet des ehemaligen Waldes ein Einkaufzentrum entstanden.
Fuchs 8 entschließt sich, zusammen mit einem Freund einen Vorstoß in das Gebäude zu wagen. Sie wollen dort nach Nahrung suchen, um die Gruppe der Füchse zu versorgen.
Zuerst gelingt ihnen die Expedition - sie finden reichlich Nahrung und werden von den Menschen auch freundlich im Einkaufzentrum aufgenommen. Sie sind eine kleine Sensation. Dann aber geraten sie an die Falschen - die, die sich nicht über ihr Erscheinen an diesem Ort freuen. Der Freund von Fuchs 8 kann ihnen und ihren Schaufeln nicht entfliehen. Warum töten Menschen einen harmlosen Fuchs? fragt sich Fuchs 8 am Ende der Expedition in das Einkaufszentrum.
Mensch und Tier
Der Autor greift Themen des Zusammenlebens und auch des Umweltschutzes auf. Er zeigt, wie natürlicher Lebensraum zerstört wird, damit die Wirtschaft weiter wächst, und wie unterschiedlich die Beziehung der Menschen zu den Tieren sein kann. Die Stimme von Fuchs 8 wirkt dabei als Empathieverstärker. Es ist zwar ein kurzes Buch, aber ein wohl überlegtes, das nicht nur stilistisch überzeugt, sondern auch aufgrund der thematischen Tiefe.
Der Wechsel der Perspektive ist eine der großen Stärken von George Saunders. Er vermag es, Geschichten auf ungewöhnliche, aber immer sehr unterhaltsame und intensive Art zu erzählen, indem er ungewöhnliche Erzählerstimmen wählt. Er transportiert den Leser in die Gedanken eines Fuchses und schafft es somit, eine neue Sicht auf die bereits allseits bekannte Problematik der Umweltzerstörung zu vermitteln.
Fazit
George Saunders begeistert auch mit diesem dünnen Buch, das für junge und ältere Leser gleichermaßen geeignet ist, und regt zum Nachdenken an. Fuchs 8 fragt uns: Warum leben wir Menschen so? Eine gute Frage.
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