Militärs, Politiker, Verschwörer, Idealisten und Miss Guatemala
Guatemala im 20. Jahrhundert: das Beispiel einer Bananenrepublik. Das Land wird kontrolliert von den Militärs und ist abhängig vom Anbau tropischer Früchte, die durch die United Fruit Company in den USA verkauft werden. Die große Firma aus dem Norden macht sich fehlende Vorschriften und die Armut der Bevölkerung zunutze, produziert zu geringen Kosten und mit hohen Gewinnmargen. Guatemala, im Vorhof der mächtigen USA, ist ein typischer Fall von Ausbeutung und Fremdbestimmung. Dann passiert das Unglaubliche: Die Militärdiktatur endet abrupt, es gibt demokratische Wahlen und die Guatemalteken wählen den Reformer Arévalo ins Präsidentenamt. Plötzlich scheint sich das kleine zentralamerikanische Land auf dem Weg in Richtung Demokratie und Moderne zu befinden.
Umbruch in Guatemala
Arévalo hat für sein Land große Pläne, er will es grundlegend verändern, will Gewerkschaften erlauben, die Bildung verbessern und eine Agrarreform erwirken. Vorbild für seine Vorstellungen sind die USA. Es soll eine moderne Demokratie nach ihrem Vorbild entstehen. Zu seinem Unglück gilt Arévalo aber in diesem Land als Kommunist, als ein Bote Moskaus. Er wird von den USA als Feind betrachtet – nicht zuletzt, da er die United Fruit Company dazu bringen will, Steuern zu zahlen und die Rechte der Arbeiter zu achten.
Erste Vorbereitungen sind im Gange, seine Regierung zu stürzen. Aber Arévalo kann sich im Amt halten. Es wird sein Nachfolger Árbenz sein, der von einer US-unterstützten Invasion und internen Machtkämpfen bezwungen und aus dem Amt vertrieben wird. Es folgt eine neue Militärdiktatur und alles ist beim Alten - der guatemaltekische Traum ist geplatzt.
Mit dem neuen Machthaber in Guatemala-Stadt scheint der Plan der USA aufgegangen zu sein: Sie haben das Land wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Aber bald wird ihnen bewusst, dass der neue Mann an der Spitze des Staates viele Feinde und Widersacher hat, sowohl in den eigenen Reihen als auch im lateinamerikanischen Ausland. Nach drei Jahren im Amt ist es dann vorbei, der Putschisten-Präsident wird von einem Soldaten im Regierungspalast erschossen. Dahinter steckt der Diktator der Dominikanischen Republik.
Militärs, Politiker, Verschwörer, Idealisten und Miss Guatemala
Der neue historisch-politische Roman von Mario Vargas Llosa ist bevölkert von zwielichtigen, machthungrigen Gestalten und einigen unschuldigen Personen mit edlen Ideen. Es wird oft im Verborgenen geredet und geplant, Rache geschworen, es werden geo-politische Strategien entworfen und Grundsatzreden gehalten. Es geht um den Kampf zwischen zwei Weltansichten – Kapitalismus und Kommunismus – und um viele Einzelinteressen.
Eine ungewöhnliche und herausragende Persönlichkeit im Buch ist eine junge Frau, die den Spitznamen Miss Guatemala trägt. Sie ist berühmt für ihre Schönheit. Und sie hat großen Einfluss auf die Politik des Landes - als Geliebte des Putschisten-Präsidenten, als Journalistin in der Dominikanischen Republik oder als Agentin für den CIA. Sie ist direkt oder indirekt in viele Entwicklungen involviert. Ihre besondere Bedeutung wird auch dadurch hervorgehoben, dass sich ein Interview mit ihr an den Roman anschließt. Die Begegnung zwischen dem Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa und Miss Guatemala bildet das Ende des Buches.
Geschichte und Erzählung
In Harte Jahre greift der Autor auf große Mengen historischen Materials zurück. Die Figuren sind reale Akteure der lateinamerikanischen Geschichte, ihre Taten und Reden sind gut dokumentiert. Ergänzt wird alles durch das erzählerische Element, mit dem Vargas Llosa dem Stoff ein wenig Leben und Schwung einhauchen will: Er erschafft Details und Randfiguren, die dem Geschehen eine authentische Atmosphäre geben sollen. So vermischt sich die Kreativität des Schriftstellers mit den Zeugnissen der Geschichte.
Fazit
Der große Erzähler Mario Vargas Llosa belebt die Vergangenheit von Guatemala und den USA und macht den Leser mit vielen spannenden, interessanten Episoden der regionalen Politik vertraut. Das ist aufschlussreich und unterhaltsam, aber nicht die große Literatur, die man von einem solchen Namen wie Vargas Llosa erwartet.
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