Götter ohne Menschen
- Liebeskind
- Erschienen: März 2020
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- OT: Gods Without Men
- aus dem Englischen von Nicolai von Schweder-Schreiner
- HC, 432 Seiten
Irrer Roadtrip durch Zeit und Raum
Was haben ein spanischer Missionar, ein drogenabhängiger Rockstar und ein Trickster, der seinen Penis um Rat fragt, gemeinsam? Sie alle landen früher oder später in der Wüste - zumindest im Falle von Hari Kunzrus neuem Roman Götter ohne Menschen. Klingt skurril? Ist es auch. Vor allem wenn noch Gurus, Ufologen, Kojoten und Hippies hinzukommen. Und mittendrin ein junges Ehepaar, das mit seinem autistischen Sohn Raj heillos überfordert ist. Als Raj jedoch während eines Urlaubstrips in die Mojave-Wüste plötzlich verschwindet, ist die Sorge groß - denn in der Wüste gibt es eine Felsformation, von der eine eigenartige Energie ausgeht. Wurde Raj entführt? Womöglich von Außerirdischen? Oder hat eine göttliche Macht ihre Finger im Spiel?
Einfach nur ... kurios
Der Roman deckt eine Zeitspanne von 1775 bis 2009 ab, jedoch nicht chronologisch, sondern wild durcheinander. In mehreren Handlungssträngen werden dabei die Schicksale verschiedener Protagonisten thematisiert. Handlungsort ist dabei immer die Mojave-Wüste mit ihrem merkwürdigen Energie-Hotspot. Davon angezogen entwickelt sich in einer Teil-Handlung ein Ufo-Kult, in einer anderen muss der Missionar sich mit den Einheimischen herumschlagen, der Rockstar findet zu sich selbst und die Eltern von Raj machen eine spirituelle Entwicklung durch.
Verwirrend bis anstrengend
Was genau es mit diesen unterschiedlichen Geschichten und Figuren auf sich hat und vor allem in welchem Zusammenhang sie stehen, ist nur schwer zu durchschauen. Letztendlich muss man sich hineinfallen lassen in dieses skurrile, verwirrende und komische Abenteuer mit Aliens, Geistern und Göttern. Leider wird das noch zusätzlich erschwert durch seitenlange Rückblenden innerhalb von Rückblenden, welche die Leser mit allen erdenklichen Hintergrundinformationen zu den Figuren versorgen - wohlgemerkt zu Figuren, die später gar nicht mehr relevant sind.
Allein dem Schreibstil ist es zu verdanken, dass man das Buch nicht so recht aufgeben will: Hari Kunzru versteht es trotz des seltsamen Inhalts, seine Leser bei der Stange zu halten. Nur gegen Ende reicht auch das nicht mehr: Wer sich durch das Buch gekämpft hat, wird am Schluss nicht wirklich belohnt, denn dieses Geschichten-Konstrukt hört einfach auf - was mehr Fragezeichen hinterlässt als auflöst.
Fazit
Götter ohne Menschen ist etwas ganz Verrücktes. Man muss schon experimentierfreudig sein, um dieses Buch nicht als Zeitverschwendung zu deklarieren. Trotzdem ist es irgendwie auf eine ganz eigene Art faszinierend - und ein schönes Beispiel dafür, dass ein guter Schreibstil über so manche Schwächen hinweghelfen kann.
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