Die Wunderfrauen: Alles, was das Herz begehrt

- Bd. 1

- TB, 480 Seiten

Die Wunderfrauen: Alles, was das Herz begehrt
Die Wunderfrauen: Alles, was das Herz begehrt
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Julian Hübecker
841001

Belletristik-Couch Rezension vonOkt 2020

Das Aufblühen der deutschen Gesellschaft

1953 in Starnberg: vier Frauen, die zuvor nicht viel Umgang hatten, begegnen einander durch unterschiedliche Umstände. Auch wenn man anfangs nicht immer herzlich ist, scheint das Schicksal sie immer wieder zueinander zu führen. Und so werden Stück für Stück ihre Geheimnisse aufgedeckt – nicht immer zum Gefallen der anderen ...

„Nein, ich denke eher an einen Gemischtwarenladen. Lebensmittel, Obst, Gemüse, Dinge des täglichen Bedarfs und natürlich ein paar Extras: Seidenstrümpfe, Zeitschriften, Schweizer Schokolade und Kaugummis.“

Der Anfang der 1950er ist eine ambivalente Zeit: Der Schrecken des Krieges und des Holocausts sitzt noch tief, so mancher wünscht sich sogar Hitlers Regime zurück; gleichzeitig keimt die Hoffnung auf ein besseres Leben, die Wirtschaft wächst und die Läden sind wieder gut gefüllt. Auch Marie Wagner wünscht sich, endlich ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Aus ihrer Heimat Schlesien musste sie flüchten, nachdem die russische Besatzung sie von dort vertrieben hat – der Vater wurde zuvor erschossen. Auf dem Hof von Martin Dahlmann findet sie Unterschlupf und eine Arbeit. Endlich scheint es sich für sie zum Besseren zu wenden.

Martins Schwester Luise wohnt mit ihrem Mann Hans nur ein paar Straßen weiter. Gerade verstirbt die Schwiegermutter, sodass das Erdgeschoss endlich zur freien Verfügung steht. Denn Luise hat schon lange einen Traum: Sie möchte ihren eigenen Gemischtwarenladen betreiben. Das Erbe ihrer Schwiegermutter kommt da genau richtig, und auch ihr Hans lässt sich erweichen und erlaubt ihr, den Laden anzumelden.

Gleich gegenüber lebt Annabel von Thaler, Gattin des Chefarztes der Starnberger Seeklinik und Mutter des kleinen Friedrichs. Ihr geliebter Sohn ist der Mittelpunkt ihres Lebens, ihr Gatte jedoch ist ein Arbeitstier und nimmt sich nur wenig Zeit für sie. Dazu kommt, dass in ihr der Verdacht reift, dass er eine Affäre haben könnte - und sie hat schnell eine Ahnung: Helga Knaup, auszubildende Schwester in der Seeklinik und, wenn es nach Annabels Meinung geht, ein Flittchen. Doch Helga ist ein Freigeist, nicht das typisch sittsame Mädchen jener Zeit, die lieber ihren eigenen Traum vom Leben verwirklichen möchte …

Eine Zeitreise in die 50er

„Jede Frau ist eine Wunderfrau“ – was heute selbstverständlich erscheint, ist in den angehenden 1950ern noch lange nicht so. Die Emanzipation hat durch das Naziregime einen ordentlichen Dämpfer erhalten, die selbstbestimmte Frau gehört an den Herd, und sollte sie den verrückten Wunsch haben, einen Beruf auszuüben, muss sie erst noch den Gatten fragen. In diesem Buch erleben wir vier unterschiedliche Frauen, die, unterdrückt von den gesellschaftlichen Normen, versuchen, ihre eigenen Wege zu finden.

Stephanie Schuster gelingt es, charakterlich vier unterschiedliche Frauen zu porträtieren und irgendwie in Einklang zu bringen: Während Marie eher zurückhaltend ist und eine furchtbare Erfahrung mit einem amerikanischen Soldaten zu verarbeiten hat, ist Luise selbstbewusst und strebt nach etwas Größerem. Annabell von Thaler lebt in dem goldenen Käfig ihres Mannes; ihre einzige Aufgabe ist das Hüten ihres Kindes. Und Helga scheint ihre Rolle noch nicht gefunden zu haben, muss sich jedoch aufgrund ihres rebellischen Charakters gegen Vorurteile wehren.

Obwohl all die Charaktere manchmal sehr stereotyp wirken, offenbaren vor allem die vier Frauen immer mehr von sich und strafen die vermeintliche Eindimensionalität Lügen. Hier ist es schön, die unterschiedlichen Entwicklungen mitzuerleben. Am interessantesten fand ich tatsächlich Luise: Sie hat von allen am meisten über sich verraten und dabei interessante Einblicke in ihre Notizen gegeben, in der sie alle Ideen für ihren Laden sowie unterschiedliche Rezepte notiert hat. Dadurch hat man ein sehr realitätsnahes Gefühl jener Zeit bekommen.

Fazit

Es ist nicht der perfekte Einstieg (in einer Trilogie muss es auch immer Luft nach oben geben), dennoch fühlt man sich schnell in die 50er hineinversetzt und vom Aufblühen der deutschen Gesellschaft mitgerissen. Luise, Helga, Annabel und Marie sind wahrlich Wunderfrauen, die noch einiges zu erzählen haben werden!

Die Wunderfrauen: Alles, was das Herz begehrt

Stephanie Schuster, S. Fischer

Die Wunderfrauen: Alles, was das Herz begehrt

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