Rose Royal
- Hanser Berlin
- Erschienen: Juli 2020
- 1
- aus dem Französischen von André Hansen und Lena Müller
- HC, 96 Seiten
Die Waffe der Frau
Rose hat die 50 überschritten und kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Ihre Zeit verbringt sie zumeist mit ihrer Freundin Jeanne-Marie auf ein paar Drinks im Royal. Von Männern hat sie die Nase gestrichen voll. Da drängt sich jedoch völlig überraschend Luc in ihr Leben. Rose ist hin- und hergerissen: Soll sie es doch noch einmal mit einer Beziehung versuchen? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Ob Luc anders ist als die Männer, die ihr bislang untergekommen sind? Eigentlich hat sie ja nicht gerade die besten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sammeln dürfen. Nicht umsonst trägt sie schließlich in ihrer Handtasche neuerdings eine Waffe mit sich herum – und ist sich nicht zu schade, sie zu gebrauchen …
„Es war schon spät in ihrem Leben, und und all diese Mühen führten zu nichts…“
Auf 94 atemlosen, halsbrecherischen Seiten schildert Nicolas Mathieu den Weg einer Frau mit Narben. Weniger ist mehr, heißt es ja oft – dieses Buch jedoch gehört zu den Ausnahmen, denn es hätte deutlich mehr Substanz vertragen und würde als breiter ausgearbeiteter Text vermutlich besser funktionieren. Man wird mit Rose nie richtig warm, kommt dieser Figur nicht wirklich nahe. Das gilt auch für die anderen Charaktere, deren Motive und Gedanken im Verborgenen bleiben. So entsteht kein stimmiges Bild, keine glaubhafte Erzählung. Dabei birgt die Grundidee durchaus einiges an Zündstoff – der Funke will aber leider nicht richtig überspringen.
„Je mehr ihr uns liebt, desto schlimmer ist es…“
Positiv hervorzuheben ist die Sprache, der sich der Autor bedient: scharfkantig, eisig und brachial treffen einen die Sätze wie ein Schlag in die Magengrube. Schon das erste Zusammentreffen von Rose und Luc steht unter blutigen Vorzeichen, und diese dunkle, abgeklärte Stimmung voller Galgenhumor wird konsequent durchgezogen. Die Protagonisten erwecken den Eindruck von Leuten, die fertig sind mit dem Leben. Die ein oder andere Passage besticht durch pointierte Beobachtungen über modernes Beziehungsverhalten, über die Sucht danach, um jeden Preis der Einsamkeit zu entkommen, über Verletzungen und Gewalt verschiedenster Arten zwischen den Geschlechtern. Der Schluss vermag außerdem gewaltig zu überraschen. Doch auch wenn er einen kalt erwischt, wirft er doch mit bitterem Nachgeschmack die Frage auf, was für einer Art von Narrativ sich Mathieu letztendlich verschreiben wollte.
Fazit
Der Klappentext verspricht eine interessante und spannende Prämisse – leider hat der Kurzroman darüber hinausgehend nicht viel zu bieten. Der Schreibstil allerdings überzeugt auf ganzer Linie.
Nicolas Mathieu, Hanser Berlin
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