Eine junge Mutter, zwei verschwundene Kinder und die Frage nach der Schuld
Im New York der 60er Jahre lebt eine junge Frau, Ruth Malone, die sich von ihrem Mann getrennt hat und mit zwei kleinen Kindern alleine wohnt. Sie kümmert sich nach ihren eigenen Regeln um ihr Zuhause und ihre kleine Familie. Eines Morgens bemerkt sie, dass die Betten ihrer Tochter und ihres Sohnes leer sind, obwohl die Tür von außen verschlossen ist, das Fenster aber sperrangelweit offen steht – völlig untypisch. Die informierte Polizei untersucht die Räumlichkeiten und verhört Ruth. Dabei wird schnell deutlich, dass ihr eigenwilliger, vielleicht auch wenig typisch bürgerlicher Lebensstil, zudem ihr perfekt geschminktes Gesicht, ihre teils aufreizende Kleidung und ihre häufigen Kontakte zu Männern, Anstoß erregen; genau das - denken die Polizisten, aber auch die Medien - gehört sich nicht als treusorgende Mutter. Durch Gerüchte aus der Nachbarschaft lassen sich die Gesetzeshüter recht schnell in eine Ecke drängen und machen sich ein völlig falsches Bild von der jungen Frau. Für sie scheint der Fall dann klar zu sein: Ruth hat auf jeden Fall etwas mit dem Verschwinden ihrer beiden Kinder zu tun. Nach einer gewissen Zeit findet man diese – ermordet. Das zieht Ruth den sowieso schon immer schwankenden Boden unter den Füßen weg. Egal, wie sehr sie sich gegen die Anschuldigungen wehrt - es werden immer neue Indizien präsentiert, die sie als Täterin bloßstellen sollen ...
Ein Reporter beginnt, auf eigene Faust zu recherchieren
Nur der Boulevardreporter Pete Wonicke, der Ruth zunächst auch verurteilt und Profit aus diesem Fall ziehen möchte, bekommt große Zweifel. Er beginnt, auf eigene Faust zu recherchieren und wird immer mehr in die Abgründe der Geschehnisse gezogen, sodass es wirkt, als habe er kein eigenes Leben mehr. Ihn stören die falschen Machenschaften der Polizei, die er aufdeckt, und das reißerische Verhalten der Pressemeute; er macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Doch ist die so einfach?
Wie häufig ist man selbst Vorurteilen aufgesessen?
Die Geschichte basiert scheinbar auf einem wahren Fall und erhält somit noch mehr Brisanz. Man wird durch zwei Sichtweisen - die der Mutter Ruth und die des Journalisten Pete - durch den Fall und seine Umstände geführt. Dabei verliert das ganze Geschehen nie seinen Reiz, die Spannung bleibt. Vor allem ertappt man sich als Leser auch dabei, den Gerüchten, Verleumdungen und Vorurteilen schnell Glauben zu schenken. Doch ein Blick hinter die traurige Kulisse des Lebens der Mutter der beiden verschwundenen Kinder lässt aufhorchen; nicht alles, was so offensichtlich scheint, ist es auch, und eine perfekte Fassade täuscht dann doch häufig. In die Tiefen der menschlichen Psyche hinein führt der Weg der Geschichte. Das Abbild einer verzweifelten Frau, die sich unkonventionell kleidet, benimmt und auch so lebt, wird gezeichnet, die in einer tiefen Krise steckt und von der breiten Öffentlichkeit ohne Wenn und Aber verurteilt wird. Vor allem die Männer um sie herum stecken sie in eine bestimmte Schublade, die der „Schlampe“.
Fazit
Auch wenn man gespannt ist, wer der Täter in diesem Roman ist, umso mehr reizt es, immer tiefer in das Leben von Ruth zu dringen und gegen alle Vorurteile, die man doch zwischenzeitlich noch einmal hervorholt, anzukämpfen. Es handelt sich hier um keinen Krimi, sondern um einen Gesellschaftsroman, der erschüttert, aufrüttelt, aber auch Hoffnung schenkt.
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