Gelungener Auftakt der 50er Jahre Trilogie
1945 ist der schreckliche zweite Weltkrieg endlich zu Ende. Berlin liegt in Trümmern. Die Frauen der einst wohlhabenden Familie Thalheim harren im Keller ihrer Villa aus. Letztendlich werden sie von den sowjetischen Besatzern von dort vertrieben. Zum Glück können sie in der leerstehenden Wohnung der Großmutter unterkommen. Die älteste Tochter, Rike, übernimmt die Führung der Familie. Der Vater und der Bruder sind in den Kriegswirren verschollen. Um zu überleben arbeiten Rike und ihre Schwester Silvie als Trümmerfrauen. Auch die zweite Ehefrau des Vaters hilft mit, um die karge Ration an Lebensmittelmarken aufzustocken. Rike hat einen eisernen Willen. Sie träumt davon das völlig zerbombte Kaufhaus der Familie Thalheim wiederaufzubauen. Wird es ihr trotz aller Widrigkeiten gelingen ihren Traum zu verwirklichen?
interessante Schilderung des Wiederaufbaus
Mit dem Start ihrer Trilogie führt uns Brigitte Riebe in das Jahr 1945. Über die Kriegszeit gibt es schon etliche Bücher, aber selten findet man ein Buch das einem so detailliert die Zeit danach schildert. Zu Beginn des Buches findet der Leser einen Prolog aus dem Jahr 1932 um zu verdeutlichen, wie krass gegensätzlich das Leben der Familie nach dem Krieg ist. Einst wohlhabend und gut situiert, stehen sie nun vor dem Nichts, gerade mal zwei Nähmaschinen konnten sie retten.
Der Autorin gelingt es, dem Leser sehr anschaulich zu vermitteln, wie schlimm die Zustände nach dem Krieg waren. Das Leiden der Menschen war noch lange nicht zu Ende. Ihr Leben war geprägt von schwerer Arbeit während des Wiederaufbaus. Aufgrund fehlender Nahrungsmittel und nicht vorhandenem Heizmaterial starben noch etliche Menschen in der Nachkriegszeit. Durch den leichten und flüssigen Schreibstil kann man den Schilderungen gut folgen. Die Sprache der Protagonisten ist einfach und hin und wieder von Berliner Dialekt geprägt, was eine gewisse Authentizität bringt. Die Beschreibungen sind sehr detailreich und man hat das Gefühl alles selbst hautnah mitzuerleben.
Im ersten Teil widmet sich Frau Riebe dem Zeitraum von 1945 bis 1951. Hauptthema ist somit der Wiederaufbau der Stadt Berlin, die folgende Währungsreform und die Berliner Blockade. Man erhält Einblick in das schwere Dasein der Trümmerfrauen und wie zerrissen diese einst so schöne Stadt unter der Führung der Besatzer war. Dass hier eine erstklassige historische Recherche vorliegt, beweist die Zeittafel im Anhang an die Geschichte. Hier findet man alle historisch korrekten Ereignisse und kann nachvollziehen, wie perfekt die fiktive Geschichte der Thalheims in diese Historie eingepasst ist. Die Zeitsprünge zwischen den einzelnen Kapiteln sind dabei mehr oder weniger groß. Es wird aber immer in der Kapitelüberschrift explizit darauf hingewiesen.
Familie Talheim und ihr Kaufhaus
Hauptprotagonisten der Trilogie sind die drei Schwestern, wobei jedes Buch aus der Sicht einer anderen der Drei erzählt wird. Im vorliegenden Band wird ausschließlich aus der Sicht der ältesten Talheim Schwester, Rike, erzählt. Sie entwickelt nach Kriegsende ein großes Pflichtbewusstsein der Familie gegenüber. Sie behält einen kühlen Kopf und trifft vernünftige Entscheidungen. Sie wächst über ihre eigentlichen Kräfte hinaus und entwickelt einen eisernen Willen. Sicher kommt ihr bei ihren Vorhaben der ein oder andere glückliche Zufall zur Hilfe.
Als krasser Gegensatz dazu steht ihre Schwester Silvie. Sie ist flatterhaft und eher auf ihr Vergnügen aus. Sie besitzt bei weitem nicht das Pflichtbewusstsein der großen Schwester. Allerdings kommt ihr Naturell und ihre Koketterie der Familie trotzdem entscheidend bei den notwendigen Verhandlungen am Schwarzmarkt zur Hilfe.
Der Spannungsbogen wird nicht nur durch die gut dargestellte bedrückende Lage in Deutschland aufrechterhalten. Schnell erfährt der Leser, dass die Familie Thalheim auch von einem dunklen Familiengeheimnis umgeben ist. Es klärt sich im Romanverlauf Stück für Stück auf. Durch das stufenweise Auflösen ist der Leser ständig bestrebt weiterzulesen um letztendlich die komplette Auflösung zu erfahren.
Auch das Thema Liebe kommt nicht zu kurz in der Geschichte der Familie. Besonders zu erwähnen ist das offene Ende. Der Autorin gelingt es mit einem genialen Cliffhanger das Buch zu beenden. So wird sicherlich die Mehrheit der Leser animiert auch Teil zwei zu lesen, um zu sehen wie es denn weitergeht.
Fazit:
Frau Riebe gelingt es, dem Leser mit ihrem leichten aber lebendigen Schreibstil die Zeit nach dem Krieg zu schildern. Man erhält einen tiefen Einblick über die Zeit nach 1945 in Berlin. Da man natürlich gerne wissen will, wie es mit der Familie weitergeht, wird man gerne mit der Lektüre von Band zwei weitermachen.
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