Weihnachten am Ku'Damm
- Wunderlich
- Erschienen: Oktober 2020
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- HC, 128 Seiten
Weihnachten bei den Thalheims
Obwohl der Krieg vorbei ist, trifft es die Bevölkerung im Winter 1946, der auch als Jahrhundertwinter bekannt wurde, sehr hart: Es ist eisig kalt und außer Lebensmitteln ist auch Heizmaterial sehr knapp; alle Bäume in der Stadt sind bereits abgeholzt. Somit ist auch an den heiß ersehnten Weihnachtsbaum gar nicht zu denken. Die Familie Thalheim lebt zusammen recht beengt in einer kleinen Wohnung; ihre Villa ist von den Besatzern belagert. Ihr Kaufhaus liegt in Trümmern, ersatzweise betreiben sie einen kleinen Laden, in dem sie Kleider verkaufen. Kurz vor Weihnachten gabelt Miriam, eine Freundin der Familie, einen kleinen verwahrlosten und ausgehungerten Jungen auf der Straße auf. Die Thalheims beschließen, ihn über das Fest aufzunehmen und ihm ein schönes Weihnachtsfest zu bereiten. Doch die paar Tage bis zum Fest passiert noch so einiges. Wird es trotz allem mit einem schönen Weihnachtsfest klappen oder geschieht vielleicht sogar ein kleines Weihnachtswunder?
"Wer hungert, der kann auch frieren"
Mit diesem Spruch versuchten die Berliner noch die Lage mit schwarzem Humor zu benennen; aber die Situation war wirklich schlimm. Zu der sehr angespannten Lebensmittelknappheit kam eben noch die eisige Kälte dazu. Es kam nicht selten vor, dass Leute in ihrer eigenen Wohnung erfroren. Brigitte Riebe gelingt es sehr feinfühlig, dem Leser genau diese Situation zu beschreiben und verdeutlichen. Man kann dieses Spin-Off zwar auch ohne Vorkenntnisse der anderen Bücher lesen, aber es ist durchaus von Vorteil, die Personen und die Situation bereits zu kennen, weil die Informationen hier nicht so in die Tiefe gehen wie bei der Trilogie selbst. So ist es ein wohliges Gefühl von "Wieder-daheim-sein", wenn man zu den Thalheims (wenn auch nur für sehr kurze Zeit) zurückkehrt. Wir begegnen hier nicht nur der Familie selbst, sondern auch dem zwielichtigen Geschäftspartner Brahm. Anzusiedeln ist diese Weihnachtsgeschichte in der Handlung des ersten Teils der Trilogie.
Beispiellose Nächstenliebe
Die Geschichte des kleinen Erich Bednarz ist sehr berührend und auch der Leser schließt den kleinen Jungen rasch ins Herz. Die Autorin vermittelt hier, wie schwer es die damaligen Flüchtlinge aus Schlesien hatten. Die Thalheims zeigen wahre Nächstenliebe und teilen gern das wenige, was sie selbst haben - damit stehen sie im krassen Gegensatz zu der herzlosen Vermieterin Heitmann. Die Geschichte regt doch sehr zum Nachdenken an, ebenso wie das Gedicht Erich Kästners zu Beginn des Buches.
Man fühlt sich sofort wieder wohl bei den Thalheims, aber leider dauert das Lesevergnügen bei knapp 160 Seiten nur kurz an. Man darf auf keinen Fall einen weiteren Teil der Ku’Damm-Reihe erwarten, denn es ist lediglich eine Kurzgeschichte.
Fazit
Nette Mini-Ergänzung der Trilogie mit kleinem Weihnachtswunder!
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