Ein Roman, den man nicht so leicht einordnen kann
Gewaltig und aufdringlich erscheint das Cover des Romans, ganz in schwarz gehalten mit roten Lettern und einem Foto von einer jungen Frau, die in den Spiegel blickt. Man kommt demnach nicht darum herum, sich die Lektüre zumindest einmal anzuschauen und in die Hand zu nehmen. Was einen dann erwartet, ist auch schwierig in Worte zu fassen: Die Hauptfigur in diesem Roman ist Romy Hall. Sie tritt ihre Strafe in der Haftanstalt, einem katholischen Frauengefängnis, an. Ihr Urteil lautet zweimal lebenslänglich ohne Bewährung. Ihr Pflichtanwalt kennt bei Prozessauftakt noch nicht einmal ihre Akten und ihren Fall genau. Nun lässt sie ihr Leben als Stripperin und ihren acht Jahre alten Sohn zurück. Hier wird der Alltag der Insassinnen geprägt durch institutionelle Abläufe und Gewalt. Alles scheint einheitlich, grau und trist - bis Romy jemanden kennen lernt, der ein wenig Licht in ihr Dasein bringt: einen Sozialarbeiter, der sich um sie kümmert und noch Ideale hat.
Schonungsloser Beginn
Als Leser wird man sofort schonungslos ins Geschehen geworfen und muss sich hier zurechtfinden. Man fährt mit den Frauen zum Gefängnis und lernt einige Charaktere kennen, die den rauen Alltag prägen werden. Sie werden ihre Zeit zu zehnt in einer Gefängniszelle verbringen müssen mit ihren Eigenheiten, dem Drang nach Zigaretten und Drogen. Dabei erfährt man das Schicksal der eigentlich gebildeten Protagonistin Romy in Rückblenden und lernt die Figuren kennen, die ihren Weg kreuzen; dies schildert sie aus ihrer eigenen Sicht als Ich-Erzählerin. Deutlich wird, dass hier das Prinzip des Fressens und Gefressenwerdens gilt: Wer sich nicht durchsetzen kann, hat schlechte Karten. Auch die Wärter spielen eine nicht untergeordnete Rolle, die gewaltbereit und dem System hörig agieren. Sie unterbinden jeglichen zweifelhaften Luxus wie Haarbürsten, Duschgel - alles ist verboten. Jedes Recht, das man als Mensch hat, wird sofort untergraben
Sperriger Zugang
Trotz der vielen Nebenschauplätze und Geschichten ist der Zugang zum Geschehen sperrig. Die Figuren bieten wenig Potenzial zur Identifikation. Man steht außen vor und weiß nicht genau, was man von den ganzen geschilderten Ereignissen halten und wo man sie einordnen soll (wobei man der Autorin keineswegs nachsagen kann, dass sie nicht genau recherchiert und sich über den Strafvollzug informiert hätte). Auch die vorkommenden Dialoge mögen so ihre Daseinsberechtigung haben und scheinen nicht aufgesetzt. Dennoch steht man am Ende recht wortlos da und kann nicht genau einschätzen, was man mit dem gerade Gelesenen anfangen soll.
Fazit
Eine gut recherchierte Geschichte um eine junge Frau, die zweimal lebenslänglich im Gefängnis sitzt, dort ihr Überleben sichern muss und ins Geschehen der Außenwelt rund um ihre Mutter und ihren Sohn nicht eingreifen kann. Kleine Hoffnungsschimmer durchleuchten die Handlung, doch irgendwie dringt die Ernsthaftigkeit, die Sozialkritik nicht bis zum Leser durch. Der Einstieg gelingt sperrig und auch im Verlauf wird es nicht wirklich besser - schade.
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