Ich und der Andere
- Braumüller
- Erschienen: Januar 2021
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- HC, 250 Seiten
In Memoriam Jim Morrison
Der Autor und Theaterregisseur Jürgen Kaizik widmet sich in Ich und der Andere auf seine ganz eigene Art einer Musiklegende: dem Sänger der „Doors“, Jim Morrison. Um diesem Buch folgen zu können, sollte man entweder Fan der Doors, zumindest Morrison kennen oder ihn und seine Musik kennenlernen wollen.
Jim Morrison – Sänger, Idol und Süchtiger
Der schwer drogensüchtige Jim Morrison gilt als eine der Symbolfiguren der Hippiezeit. Die Doors eroberten die Charts mit ihren als psychedelisch geltenden Songs wie „Light My Fire“, „The End“ und natürlich „Riders On The Storm“. Der Ruhm währte nur vier Jahre und endete mit dem Tod von Morrison am 3.7.1971 in Paris. Sein Grab auf dem Friedhof Père Lachaise ist bis heute eine mit Alkoholflaschen und Kaugummi vermüllte Kultstätte. Allerdings hat außer seiner damaligen Freundin und dem Notfallmediziner niemand die Leiche je zu Gesicht bekommen. Das hat zur Legendenbildung beigetragen und auch Kaizik fragt sich: Ist Morrison wirklich gestorben?
Ein Roman wie ein Lied der Doors
Jürgen Kaizik lässt lange Passagen des Romans von Jim Morrison selbst erzählen. Den restlichen Teil begleiten wir „den Lehrer“, den Morrison eines Abends bei einem Gig trifft und der von ihm „Hölderlin“ genannt wird. Während es für Morrison bergauf geht, versagt „Hölderlin“. Erst viele Jahre später treffen sich die beiden wieder - bis dahin fordert der steile Aufstieg seiner Band Tribut von Morrison. Die Anforderungen der Plattenfirma und der wachsenden Fangemeinde muss er genauso erfüllen, wie die hohen Ansprüche an sich selbst. Er ist schnell ausgebrannt und führt ein Leben auf der scharfen Klinge reitend, mit exzessivem Drogenmissbrauch, Alkoholkonsum und vermehrt depressiven Phasen. Kaizik schildert dieses Leben in einer sprachlich elaborierten und literarisch sehr anspruchsvollen Art, die viel Aufmerksamkeit vom Leser verlangt. Manche Passagen sind wahrscheinlich auch nur mit Vorkenntnissen zu Jim Morrison und zu dieser Ära verständlich - denn man befindet sich in der Zeit des Vietnamkrieges, der politischen und gesellschaftlichen Proteste und des Widerstands gegen den Rassismus. „Der Unterschied zwischen Komik und Katastrophe bildete in diesen Tage keine feste Grenze“, so formuliert es Kaizik, und er lässt Jim Morrison sagen: „Unsere Musik, mehr noch unsere Texte und die Strahlkraft unseres Selbst verkörperten für das Regime ein zweites Pearl Harbour: Den Überfall barbarischer Eindringlinge auf die anständige Mittelklasse der USA“. Morrison beschließt 1971, sich eine Auszeit zu gönnen, und fliegt zu seiner Freundin nach Paris. Hier findet er einen Weg, endgültig aus der Öffentlichkeit zu verschwinden und Frieden zu finden, indem er seinen Tod vortäuscht. Viele Jahre später ist er, alt geworden, zusammen mit „Hölderlin“ in einem Sanatorium, in dem niemand außer den beiden mehr wohnt. „Immerhin ging es um ihr weiteres Schicksal, um die Freiheit von Leib und Seele“, die beide scheinbar dort gefunden haben - und trotzdem heißt es „Break on through to the other side!“
Ein wenig gelungener „Bonustrack“
Nachdem der Leser Jim Morrison durch sein chaotisches Leben begleiten durfte, kann er sich am Ende des Buches den „Bonustrack“ des Autors antun: Hier wird noch einmal über das Leben des Musikers reflektiert, wobei das Ganze mit Songtexten unterlegt ist. Bedauerlicherweise hat Kaizik diese Texte ins Deutsche übersetzt; dadurch verlieren sie sehr viel an ihrer Intensität, ihrem Rhythmus und ihrer Authentizität. Kaizik geht auf die Gemeinsamkeiten von Morrison und dem Dichter Hölderlin ein und stellt die Frage, ob Hölderlin vielleicht in der Lage gewesen wäre, Morrison zu retten, wäre er nur 100 Jahre später geboren. Dem Buch hat der Autor mit dieser Zugabe keinen Dienst erwiesen - und eigentlich sollte er auch wissen, dass „Riders On The Storm“ erst 1971 erschienen ist und nicht, wie im Roman angedeutet, bereits 1968.
Fazit
Pünktlich zum 10. Todestag von Jim Morrison befasst sich Jürgen Kaizik mit diesem Idol der Rockmusik. Für Fans der Doors und ihres charismatischen Sängers kann dieser Roman eine Ergänzung zum bekannten Kult sein. Alle anderen dürften sich damit schwer tun, und der danebengegangene „Bonustrack“ ist vermutlich für alle eine Zumutung.
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