Lustprinzip
- Rowohlt Berlin
- Erschienen: Februar 2021
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- HC, 240 Seiten
Ist die sofortige Befriedigung der Bedürfnisse ein erstrebenswertes Ziel?
Laut Sigmund Freud handelt es sich bei dem Begriff des Lustprinzips im weitesten Sinne um die sofortige Befriedigung der Bedürfnisse. Darauf ist das Streben scheinbar ausgerichtet. Ein Leben von Höhepunkt zu Höhepunkt, immer am Limit, voller Elan und Aktivität - ist das machbar? Die Ich-Erzählerin des Romans zeigt es uns: Larissa, 22 Jahre jung, lebt im Berlin der 90er Jahre und versucht, dessen Flair mit Haut und Haar zu genießen - eine Atmosphäre, die gezeichnet ist von Partys mit exzessivem Alkoholkonsum, dem Testen von Drogen, dem Sich-gehen-lassen und Chillen und einfach nur leben, leben, leben. Die Protagonistin, die sehr viel nachdenkt, versucht, sich an das Leben in einer Großstadt zu gewöhnen, offen für Neues zu sein und selbstbewusst den Dingen, die da kommen, zu begegnen.
Flotte Dialoge in vielen szenenartigen Momenten, aber eine Identifikation scheitert
Szenenartige Momente reihen sich aneinander und flotte, nicht allzu verfängliche Dialoge ergänzen das Ganze. Dabei geht es nicht nur um oberflächliches Geplänkel, nein, auch tiefgreifende Problematiken werden deutlich. Allerdings wirkt Larissa in ihrem Tun nicht besonders sympathisch; auch ihre Versuche, die Uni zu besuchen und etwas anderes zu tun, als Party zu machen, scheitern an Empfindlichkeiten. Ihre Wohnung ist verdreckt, sie hat nie Geld und schnorrt sich durch die Gegend. Die Identifikation mit dieser Figur scheitert, sie wirkt in vielen Momenten abstoßend und man ist als Leser immer in einer reservierten Haltung. Auch die Schilderungen ihres männerabwechslungsreichen Sex-Lebens mit One-Night-Stands, dem Versuch einer Liebe, die sich aber eher als oberflächlicher Fake herausstellt, und der eigentlichen Suche nach dem Richtigen müssen ausgehalten werden. Unter der ganzen Flatterhaftigkeit verbirgt sich scheinbar doch ein spießiger Geist, der das momentane WG-Leben nicht ewig durchziehen möchte. Eines kann man ihr jedoch nicht absprechen: Sie verbringt viel Zeit damit, zu lesen, und zeigt deutlich, dass sie keineswegs dumm ist.
Eine inkonsequente Haltung der Protagonistin
Die inhaltliche Linie steuert trotz vieler freiheitsliebender Momente, Ekstasen und Lustaugenblicke trotzdem auf das Unvermeidliche zu: der Suche nach dem Mann fürs Leben. Bei all den Eskapaden ist dies die inkonsequente Haltung der Protagonistin, die dann doch nur auf dem Selbstfindungs- und Auslebungstrip zu sein scheint; eine Lebenshaltung ist hier nicht erkennbar. Dem Schreibstil der Autorin, die eigentlich Dramatikerin ist, deren Stücke auf der Bühne zu sehen sind, merkt man die Szenenhaftigkeit und den schnellen Wechsel der Momentaufnahmen an. Dabei wird das Ganze aus der Sicht Larissas geschildert, die meist erzählt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist.
Fazit
Rasant, wild und unberechenbar - so präsentiert sich der erste Roman Rebekka Kricheldorfs. Ein Leben im Berlin der 90er, eine Flucht aus der Provinz, aber im Herzen doch die spießige, bodenständige Vorstellung nach der eigentlichen Liebe - so lernt man die Ich-Erzählerin Larissa kennen. Sympathien sammelt die Neu-Großstädterin aber leider nicht.
Rebekka Kricheldorf, Rowohlt Berlin
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