Ein besonderes Haus und magische Augenblicke
Die Geschichte beginnt mit einem Einbruch und der anschließenden Flucht der drei Täter. Da das Fluchtfahrzeug einen Defekt aufweist, flüchten sie zu Fuß weiter und finden in einem halbzerfallenen Haus Unterschlupf. Das Haus war vor langer Zeit ein Gemischtwarenladen und gehörte Herrn Namiya. Es ist etwas ganz Besonderes ...
Aus der Zeit gefallen
Wie nun die drei Diebe im Haus von Herrn Namiya auf den Morgen warten, finden sie einen alten Zeitungsartikel über den ehemaligen Besitzer. Sie erfahren, dass Herr Namiya berühmt für seine klugen Ratschläge war. Er war eine Art Kummerkasten, und jeder, der Rat suchte, erhielt innerhalb kürzester Zeit eine seriöse Antwort. Während dem Lesen des Zeitungsartikels wird im ehemaligen Gemischtwarenladen ein Brief eingeworfen und um Rat gebeten. Zuerst planlos und verwundert, versuchen die drei Diebe gemeinsam das Schreiben, ganz im Sinne von Herrn Namiya, zu beantworten.
«Wann hat uns zuletzt jemand um Rat gebeten? Ach, stimmt ja, noch nie. Und wahrscheinlich kommt es auch in unserem ganzen Leben nicht wieder vor. Das ist unsere erste und einzige Chance. Ergreifen wir sie doch einfach, nur dieses eine Mal.»
Doch kaum haben sie ihren Ratschlag im Milchkasten deponiert, flattert bereits eine Antwort durch den Briefschlitz an der Vordertür. Das Haus scheint ein Geheimnis zu haben.
Was die Drei nicht wissen: Es ist die Gedenknacht von Herrn Namiyas 33. Todestag - eine besondere Nacht …
Im Roman Kleine Wunder um Mitternacht von Keigo Higashino ist der alte Gemischtwarenladen von Herrn Namiya der Ausgangs- und schlussendlich auch der Endpunkt. Es ist ein besonderes Haus, in dem die Briefe der Ratsuchenden auch nach Herrn Namiyas Tod beantwortet werden. Allerdings sind die Anfragen in der Vergangenheit geschrieben worden, werden aber in der Gegenwart beantwortet - kleine Wunder in einem magischen Haus.
«Der Briefschlitz und der Milchkasten sind mit der Vergangenheit verbunden. Wenn jemand von früher einen Brief in den Laden in dieser vergangenen Welt wirft, landet er hier in der Gegenwart. Und genauso fällt ein Brief, den wir in den Milchkasten legen, in den Milchkasten der Vergangenheit.»
Der Roman erzählt Geschichten, Schicksale von verschiedenen Personen, welche einen Bezug zum Gemischtwarenladen Namiya haben. Erst nach und nach entdecken die Leser*innen die gemeinsamen Verbindungen und finden einzelne Fäden, die alle zu diesem einen Ziel führen.
Keigo Higashino erzählt sehr einfühlsam und wirkungsvoll. Es ist eine leise, ernsthafte und doch humorvolle Geschichte mit viel Empathie für die einzelnen Figuren. Er ist ein präziser Beobachter, und weiß die Besonderheiten wie auch die Feinheiten der Charaktere sehr genau darzustellen.
Die Erzählung hat - wohl wegen der gelungenen Übersetzung ins Deutsche - eine wunderbare japanische Atmosphäre beibehalten und liest sich leicht und flüssig: Einfach magisch!
Fazit
Eine wunderschöne und magische Geschichte. Tragische Schicksale wenden sich Dank kluger Ratschläge zum Guten und lassen an Wunder glauben. Die Übersetzung ins Deutsche scheint sehr gelungen; sie nimmt das japanische Flair mit und zaubert eine tolle Atmosphäre, vertieft damit die Wirkung der Geschichte. Ein wunderbares Lesevergnügen.
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