Sie werden in den Tränen ihrer Mütter ertrinken
- Luchterhand
- Erschienen: April 2021
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- OT: De kommer att drunkna i sina mödrars tårar
- aus dem Schwedischen von Paul Berf
- HC, 336 Seiten
Ein Attentat in Göteborg und eine abstruse Geschichte der Täterin
Ein Attentat auf einen Comicshop in Göteborg ist geplant. Unter den Tätern befindet sich ein junges Mädchen namens Nour. Ihre Aufgabe ist es, das Geschehen zu filmen und den Zuschauern im Internet zugänglich zu machen. Allerdings ist sie sich ihrer Sache nicht mehr so sicher und bekommt Zweifel. Sie möchte mit dem Anschlag nichts mehr zu tun haben und gelangt zu der Erkenntnis, dass es absolut falsch und verwerflich ist, was sie vorhaben. Zwei Jahre später begegnet man ihr in der Psychiatrie wieder. Sie möchte mit einem bekannten muslimischen Schriftsteller in Kontakt treten, dem sie ein selbst formuliertes Manuskript überreicht. Doch er findet hierzu keinen richtigen Bezug, weiß nicht, was er damit anfangen soll. Laut Nour selbst soll sie gar nicht wirklich bei dem Attentat dabei gewesen, sondern nur in den Körper der Attentäterin geschlüpft sein, um den Anschlag verhindern zu können. Ihre Erlebnisse beschreibt sie völlig unabhängig von sich selbst, was das Krankheitsbild der Schizophrenie aufwirft. Ihrer Meinung nach stammt sie aus der Zukunft, erzählt von dunklen Geschehnissen, die damit zu tun haben, dass Muslime in Schweden keinen Platz mehr haben. Der Schriftsteller beginnt daraufhin seine eigenen Recherchen und trifft Opfer und Zeugen des Attentats wieder.
Unübersichtliche Kapitel, abrupt wechselnde Erzählperspektiven
Der Roman kommt völlig ohne Kapitelüberschriften aus, die Abschnitte, in denen die Erzählperspektive wechselt, sind nicht immer sofort erkennbar. Hier besteht die Schwierigkeit, in die Geschichte hineinzufinden; zunächst muss man verstehen, welche Erzählabschnitte voneinander trennbar sind und welche zusammengehören. Der Autor wechselt scheinbar völlig wahllos zwischen unterschiedlichen Zeiten und Perspektiven hin und her, ohne dass ein Schema erkennbar ist. Vielleicht hat er damit die Vielschichtigkeit und Komplexität der überaus wichtigen Thematik der Islamophobie sprachlich darstellen wollen, doch das ist nicht gelungen. Auch die Verwirrtheit Nours, die tief traumatisiert ist, wird damit zum Ausdruck gebracht und ein Gefühl der Unwirklichkeit gezeichnet - leider nicht zu Gunsten des Romans.
Klappentext macht Lust auf den Roman – aber leider nicht so einfach lesbar
Das ist sehr schade, denn der Klappentext macht wirklich Lust auf einen Roman, den man voller Interesse lesen möchte. Ein so wichtiges Thema endlich mal in Erzählform! Doch die Erzählweise gibt dies wenig her. Auch der Einfluss jiddischer und arabischer Worte bringt eher aus dem Lesefluss. Passend dazu wäre am Ende eine Auflistung und Erläuterung der Wörter gewesen, um das Ganze durchdringen zu können. Sollte man sich für diese Ausdrücke interessieren oder gar nur dadurch die Zusammenhänge verstehen können, muss man selbstständig recherchieren. Diese Aspekte nehmen dem Roman die Dichte und auch die Lust des Lesers, die Nebelschwaden der Unverständlichkeit zu durchdringen.
Ein schaler Nachgeschmack bleibt dennoch
Trotz der Verworrenheit hinterlässt der Roman aufgrund tiefschürfender brutaler Ereignisse und wichtiger Themen einen schalen Nachgeschmack. Man vergisst ihn dennoch irgendwie nicht - das hat der Autor zumindest geschafft. Ein Gefühl der Angst vor dem, zu was Menschen in der Lage sind, bleibt - auch das Unverständnis, warum man Menschen wegen ihrer Religion ausgrenzt oder verachtet!
Fazit
Aufgrund des Klappentextes sind die Erwartungen hoch, die Idee ist auch hervorragend und sehr wichtig. Allerdings scheitert es an der Umsetzung und der Wirrniss, in die man im Roman gerät. Dabei geht die Tiefgründigkeit trotzdem ein bisschen verloren - schade!
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