Eine Begegnung nach 30 Jahren und ihre folgenschweren Konsequenzen
Dreißig Jahre sind vergangen, dass Susanne und Hanno sich zum letzten Mal wirklich sahen. Nun ist Hanno zurück in sein Elternhaus gekommen, seine Mutter ist gestorben, sein Vater leidet unter Demenz und muss rund um die Uhr gepflegt werden. Die beiden ehemaligen Nachbarskinder treffen nun als Erwachsene aufeinander und Susanne hilft Hanno bei der Pflege seines Vaters. Doch irgendetwas ist daran merkwürdig: Sie kennt alle Vorlieben und Tagesabläufe des alten Herren genau. Was Hanno nicht weiß, ist, dass Susanne seit einem folgenschweren Ereignis das Haus nicht mehr aus den Augen gelassen hat. Mit ihrem Fernglas hat sie über all die Jahre hinweg sehen können, was sich auf der anderen Seite abspielt. Auf was wartet sie?
Ein einmaliges Erzählkonstrukt und ein eng gewobener Plot
Es ist schwierig, das Erzählkonstrukt zu beschreiben, welchem sich der Autor bedient. Aber es ist geschickt – die eng verwobene Geschichte wird auf unterschiedlichen Ebenen erzählt und trifft irgendwann zusammen. Die Sprache ist eher nüchtern und direkt, Emotionalitäten werden ausgespart. Das heißt aber nicht, dass der Plot emotionslos ist, im Gegenteil. Dafür gibt es zu viele Konflikte, offen ausgetragene, aber meist heimlich schwelende, und unausgesprochene Dinge, die in der Luft hängen. Der Gebrauch harter, teil unnachgiebiger Wörter und das Schildern jeglicher Einzelheiten bis zum Preisgeben der Figur zur Lächerlichkeit, zeigen das ganze Ausmaß, das in den Ereignissen steckt.
So kommt die verstorbene Frau und Mutter Sylvia zu Wort, die die Gegebenheiten von außen betrachtet, mit am Leben ihrer Familie teilnimmt, und aus dem Off kommentiert. Sie wacht über ihren schwer an Demenz erkrankten Mann und traut ihrem Sohn Hanno und der Nachbarin Susanne nicht immer über den Weg. Sie liest in Susannes Tagebuch, trifft sich mit deren verstorbenen Eltern und zeigt mehr Agilität als so manch lebende Figur.
Schwierige Charaktere
Mit Susanne und Hanno als Charakter wird man nicht warm. Susanne ist unnahbar, schwierig zu durchschauen und Hanno scheint wie ein weichgespülter Erwachsener. In einer Welt der Oberflächlichkeiten haben sie schon als Kinder keine Vorbilder finden können, denn alles, was ihre Eltern machten, war eine Farce, und teils abstoßende Verhaltensweisen regen nicht zur Nachahmung an. Beide leiden unter ihren Vätern aus unterschiedlichen Gründen, das schweißt sie unbewusst zusammen, aber es fehlt die Nähe zum Geschehen. Gegen Ende fügt sich das Bild lückenlos zusammen, der Scherbenhaufen ist groß, aber endlich kann man durchatmen.
Fazit
Es dauert viele Jahre der Krisen, des Schmerzes und der Enttäuschungen bis man sich so manchem der Vergangenheit stellen kann – so geht es auch den beiden Hauptfiguren Susanne und Hanno. Wichtig ist aber: Jeder bekommt das, was er verdient!
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