Mehrere Generationen verbunden durch eine Nähmaschine
Eine Singer-Nähmaschine steht im Mittelpunkt dieser Familiengeschichte, die sich über mehrere Generationen zieht. Sie erzählt von Durchhaltevermögen und Hoffnung, verbindet Menschen über hundert Jahre und ist schließlich Teil eines Familiengeheimnisses, das erst 2016 ans Licht kommen wird …
„Schließlich nähte sie die nötige Anzahl Stiche auf dem weißen Stoff, schwungvoller als üblich, schaute genau hin, wie die Nadel durch den Stoff glitt, ein Stich nach dem anderen.“
1911 arbeitet Jean in einem Singer-Werk in Clydebank. Die Arbeit ist hart, und obwohl das Unternehmen sehr gute Umsätze macht, werden die Arbeiterinnen und Arbeiter nicht daran beteiligt. Im Gegenteil, es sollen Arbeitskräfte entlassen werden, um Kosten zu sparen. Jean und ihr Verlobter Donald wollen das nicht hinnehmen und schließen sich dem gewerkschaftlichen Streik an – auch wenn Jean dadurch riskiert, von ihrem Vater aus der Wohnung geworfen zu werden. Als das Unternehmen droht, weitere Arbeiter zu feuern, beschließt das Paar, nach Leith zu ziehen und einen Neuanfang zu wagen.
Anfang der 1950er lebt Connie bei ihren Eltern in Edinburgh. Als ihr Vater überraschend stirbt, wird es finanziell knapp. Da Connie schon früh das Nähen gelernt hat, sucht sie sich eine Arbeit als Näherin. Der Verlust des Vaters wiegt schwer – doch dann begegnet sie Alf, einem seiner ehemaligen Schachkollegen, und für Connie scheint das Glück in ihr Leben zurückgefunden zu haben.
Im Jahr 2016 muss Fred den Verlust seines Großvaters verkraften. Die Wohnung hat er ihm vermacht, weshalb er nun überlegt, nach Edinburgh zu ziehen und diese zu übernehmen. Doch das ist gar nicht so leicht, da er von einer Tätigkeit der Zeitarbeitsfirma zur nächsten getingelt ist, und dies sich nun rächt, da ihn keiner mit seinem Lebenslauf einstellen möchte. Fred muss sich überlegen, wie er weitermachen soll. Da findet er eine alte Singer-Nähmaschine mit einem geheimnisvollen Inhalt …
Spannung an einem langen Faden
Es klingt nach einer faszinierenden Idee: Eine alte Nähmaschine als Träger von Geschichten und Geheimnissen, die erst nach und nach aufgedeckt werden. Über hundert Jahre reicht diese Verbindung, bis sie schließlich von Fred ergründet wird. Da kommt durchaus ein kleiner Überraschungseffekt auf – aber das ist auch schon das höchste der Gefühle. Obwohl Natalie Fergie einen ruhigen und angenehmen Schreibstil hat, bleiben doch Plot und Spannung auf der Strecke.
Das liegt vor allem daran, dass sehr viel in der Zeit herumgesprungen wird – und damit sind nicht die drei vorgestellten Protagonisten gemeint. Auch innerhalb dieser Zeitlinien gibt es nochmal gewaltige Sprünge, wo man sich gedanklich erstmal festigen muss, um zu verstehen, warum jene Person nicht mehr vorkommt, was also zuvor passiert sein muss. Das nimmt ordentlich Dampf aus dem Lesefluss und auch die Lust am Lesen.
Auch hätte man gut auf Kleinigkeiten verzichten können, etwa Freds Blogeinträge, die nichts zum Fortlauf der Geschichte beigetragen und irgendwann nur noch gestört haben. Vielleicht fehlt es der Autorin mit ihrem Debüt an Erfahrung, die einzelnen Generationen fesselnder miteinander zu verbinden und auch die Nähmaschine verstärkt in den Fokus zu rücken. Denn das Talent zum Schreiben und zum Wecken von Emotionen ist da – das ist die große Stärke des Romans.
Fazit
Die „herzzerreißende Geschichte“ weckt schlussendlich nur wenig Reaktion beim Lesenden, der Weg dahin ist einfach zu verschlungen und langwierig. Doch man spürt schnell die Verbindung zu den Protagonisten und zu den verschiedenen Zeitebenen, in denen man sich bewegt.
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