Eine Bibliothek in Paris

  • Blanvalet
  • Erschienen: November 2021
  • 1

- OT: The Paris Library

- übersetzt von Elfriede Peschel

- TB, 560 Seiten

Eine Bibliothek in Paris
Eine Bibliothek in Paris
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Monika Wenger
791001

Belletristik-Couch Rezension vonDez 2021

Mitten hinein in die Welt der Bibliotheken

Froid, Montana, 1983: Lily heckt mit ihrer Freundin Pläne aus und träumt vom Erwachsenwerden und der großen weiten Welt. Neugierig und vorwitzig versuchen die beiden Mädchen ihrem eintönigen Leben in der Kleinstadt etwas Abenteuer einzuhauchen.

     «In Froid kauften wir alle im selben Lebensmittelladen ein, tranken aus derselben Quelle. Wir teilten die gleiche Vergangenheit, wiederholten die gleichen Geschichten.»  

In Lilys unmittelbarer Nachbarschaft ist auch die ältere Französin Odile zu Hause. Sie lebt sehr zurückgezogen und sucht selten die Gesellschaft anderer. Das fasziniert Lily und sie beschließt, bei Odile Französischunterricht zu nehmen, verbunden mit dem Hintergedanken, mehr über das geheimnisvolle Leben der Französin zu erfahren. Die beiden freunden sich an, und schon bald erfährt Lily mehr über Odiles Leben in Frankreich und ihrer Arbeit in der American Library Paris.

     «Die American Library Paris, gegründet 1920; die erste in Paris, die der Öffentlichkeit Zugang zu ihrer Sammlung erlaubte; Subskribenten aus mehr als dreißig Ländern, ein Viertel davon aus Frankreich.»

Paris, 1939: Odile hofft inständig, dass sie eine Anstellung in der American Library erhalten wird. Sie liebt Bücher über alles und eine Arbeit in der Bibliothek wäre ihr größtes Glück. Sie hat sich gegen den Willen ihres Vaters, eine Polizeikommissars, um eine Anstellung bemüht; eine arbeitende Frau sieht das Weltbild ihres Vaters nicht vor. Doch Odile ist hartnäckig und eigensinnig und der Coup gelingt. Odile ist im siebten Bücherhimmel und geht voll und ganz in ihrer Arbeit auf. Sie lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen und schätzen, und das Leben könnte ewig so weitergehen - wenn da nicht der Zweite Weltkrieg und damit die Besetzung Paris durch die Nazis wäre. Mutig und engagiert versuchen die Mitarbeiter der American Library ihre Subskribenten trotz etlicher Schwierigkeiten zu bedienen und gleichzeitig die Bücher vor dem Zugriff der Besatzer zu schützen.

     «Aber ernsthaft, warum Bücher? Weil Bücher die Menschen dazu bringen, die Welt mit den Augen anderer zu sehen. Die Library versteht sich als Bücherbrücke zwischen den Kulturen.»

Aber nicht nur die Bücher benötigen Aufmerksamkeit: Auch die Menschen werden geprüft und müssen Schicksalsschläge und Entbehrungen hinnehmen. Freundschaften werden auf eine harte Probe gestellt und es wird überlebenswichtig, sich auf einander verlassen zu können.

Bücher, Bibliotheken und vieles mehr

Im Roman verbindet Lily und Odile trotz des Altersunterschieds vieles - sie besitzen ähnliche Charaktere. Alter und Jugend ergänzen sich perfekt und profitieren von der gegenseitigen Bereicherung. Durch die Freundschaft mit Lily kann Odile sich mit ihrer Vergangenheit ein wenig aussöhnen und später vielleicht damit abschließen.

Janet Skeslien Charles zeichnet in ihrem Roman ein wunderbares Bild von der American Library in Paris und vermittelt einen interessanten und gleichzeitig gefühlvollen Einblick in die Welt der Bibliotheken und deren Mitarbeiter - und sie erzählt begeistert von der Liebe zu Büchern. Auf zwei Zeitebenen berichtet sie von mutigen und tapferen Menschen, die für ihre Leidenschaft und ihre Überzeugungen einstehen und, falls nötig, sogar ihr Leben aufs Spiel setzen. Die Geschichte ist ein Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz und steht für Freundschaft, Liebe und Verzeihen.

Im Nachwort erzählt die Autorin, wie sie zu ihrer Geschichte gefunden hat und schreibt von der Liebe zu Büchern und Bibliotheken; das ist fast genauso interessant wie der Roman selbst.

Fazit

Der Roman ist eine Hommage an die Bibliotheken und an die Mitarbeiter der American Library Paris im Besonderen. Die Mischung aus historischen Fakten und der fiktiven Geschichte ist wunderbar gelungen und zeugt von beeindruckenden Kenntnissen und guter Recherche. Eine äußerst spannende und informative Lektüre, eindrücklich und mit viel Fingerspitzengefühl geschrieben.

Eine Bibliothek in Paris

Janet Skeslien Charles, Blanvalet

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