Eine Frau, ein Mythos
„Für einen Moment schloss Sisi die Augen. Zwar war sie erst seit wenigen Stunden Kaiserin, doch bereits jetzt glaubte sie nicht, ihre Rolle jemals erfüllen zu können.“
Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, spätere Kaiserin Elisabeth von Österreich - oder kurz Sisi - wurde 1837 geboren und schon früh auf ein Leben am Hofe vorbereitet. Dennoch verlebte die freiheitsliebende Sisi auch Stunden des Glücks, wenn sie in Possenhofen reiten und wandern konnte. Mit 15 lernt sie dann Franz Joseph I. kennen, Kaiser von Österreich, und beide verlieben sich ineinander. Niemand hätte sie darauf vorbereiten können, worauf sie nach der Hochzeit verzichten muss, wonach sie zu einer tragischen Figur wird, deren Mythos bis heute anhält.
Gerade die Sissi-Filme mit Romy Schneider sind unvergessen, zeichnen aber ein romantisches Bild der Frischvermählten. Die Wirklichkeit ist für die Kaisern freudloser, besonders nach dem frühen Tod ihres ersten Kindes. Auch ihre Schwiegermutter hält sie unter eiserner Hand; Sisi fühlt sich zunehmend eingeengt und sehnt sich nach einer Freiheit, die der Wiener Hof ihr nicht bieten kann. Daher nutzt sie jede Gelegenheit, um auf Reisen zu gehen, verliebt sich alsbald in Ungarn und Korfu, entfernt sich dadurch aber auch immer mehr von Franz Joseph. Kann sie schließlich ihren Einfluss auch am Hofe festigen, ohne sich selbst zu verlieren?
Ein vielseitiges Bild einer unverwechselbaren Kaiserin
Obwohl das Buch nicht ihr ganzes Leben porträtiert, sondern die anfänglichen 1850er Jahre bis 1867 in den Fokus nimmt, ist es gerade diese Zeit, in der Sisi den größten Wandel mitmacht. Diese Entwicklung hat Allison Pataki sehr bildhaft beschrieben: die anfänglich 15-jährige Sisi, die zwar forsch und selbstbewusst, aber auch naiv den jungen Kaiser anschmachtet, ohne zu wissen, was sie erwartet; schließlich ein depressiver Wandel, dem eine mehrjährige Reise folgt, die ihr neues Selbstvertrauen und einen anderen Stand am Hof gibt - das alles kommt sehr authentisch rüber.
Auch fühlt man sich schnell in Sisis Zeit hineingezogen, verfolgt die politische Lage des Habsburger Reiches, das nach und nach seine Verbündeten verliert, während Preußen einen Krieg in Aussicht stellt und Ungarn mehr Autonomität verlangt. Franz Joseph, der immer weniger Zeit für Sisi hat, flüchtet sich in Affären, wodurch sich der Graben zwischen den Eheleuten noch weiter vergrößert. Gleichzeitig ist Sisi beliebter denn je, besonders bei den Ungarn; ihre Schönheit ist weithin bekannt, die Tragik ihres Lebens wird ebenso gern verfolgt.
Allison Pataki macht im Nachwort klar, dass es natürlich ein Roman ist, der einige künstlerische Freiheiten zulässt. Aber sie beruft sich auch auf viele Quellen, nutzt sogar Originalzitate, wodurch das Buch von vorne bis hinten etwas im Leser auslöst: den Wunsch, mehr über diese geheimnisvolle, tragische Frau zu erfahren, die bis heute Rätsel hinterlässt, die wohl nie ganz aufgeklärt werden.
Fazit
Ein Roman einer Kaiserin würdig. Man erfährt viel über den kaiserlichen Hof und die politischen Machenschaften zwischen den einzelnen Reichen. Darin gebettet ist eine zutiefst unzufriedene Frau, die versucht, sich mit ihrem Schicksal zu arrangieren, dabei aber oft genug verliert.
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