Biest

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  • Erschienen: Juni 2022
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- OT: BÆST

- übersetzt von Julia Gschwilm

- TB, 480 Seiten

Biest
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André C. Schmechta
831001

Belletristik-Couch Rezension vonJul 2022

Von Freundschaft, Familie, Liebe und schicksalhaften Ereignissen, die das Leben verändern.

Leon hat sehr viel Kraft. Zuviel Kraft. Das musste manche Maus oder Katze schon mit dem Leben bezahlen. Aber Leon ist noch ein kleines Kind und eigentlich ist er sanftmütig und möchte die Tiere nur streicheln. Doch schon seit seiner Geburt weist Leon enormes Muskelwachstum auf. Sein Geist wächst jedoch nicht so schnell wie sein Körper und so stellt sein besonderes Wesen nicht nur seine Eltern vor große Herausforderungen. Und es wird nicht nur bei tierischen Lebewesen bleiben, denen Leon Schaden zufügen wird…

Schon auf den ersten Seiten wird klar, dass ein tragisches Unglück geschehen wird. Das nimmt aber dem weiteren Verlauf aber keineswegs Spannung. Im Gegenteil, wie gebannt verfolgen wir beim Lesen die Entwicklungen, die Ane Riel rückblickend und mit Zeitsprüngen erzählt. So lernen wir Mirko kennen, der sich schon früh mit Dodo (wie er Leon später nennt) anfreundet und zu dessen wichtigster Bezugsperson wird. Und da ist Leons Mutter Danica, ihr gehört schon als Heranwachsender Mirkos Herz. Doch da gibt es noch Danicas Mann und Leons Vater, Karl. Und Mirkos Eltern, die eigentlich nur wollten, dass Mirko auf dem Hof von Danica und Karl eine gewisse Zeit unterstützt. Doch mit der Zeit verändert sich vieles und aus den anfänglichen Verwicklungen entwickelt sich schon bald ein hoch emotionales Drama.

„Moment mal, das kommt mir doch bekannt vor…“

… wird es sicherlich manchen durch den Kopf gehen, wenn sie ein Stück weit der Geschichte gefolgt sind. Ja, „Biest“ weist einige auffällige Parallelen zu John Steinbecks Klassiker „Von Mäusen und Menschen“ auf, was nicht nur die grundlegende Idee betrifft. Im Nachwort bestätigt Ane Riest selber diese Vermutung und schildert die Hintergründe zur Entstehung des Romans mit ihrer Anlehnung an besagten Klassiker.

Doch hier einfach nur von einer Kopie zu sprechen, wäre dann doch zu einfach und wird der Geschichte auch nicht gerecht. Ane Riel entwickelt ihre eigene Welt um ihre ausgewählten Figuren und entfaltet behutsam eine packende Dramaturgie.

Die Entwicklung der Figuren mit ihren Sehnsüchten, Bedürfnissen und Sorgen in einem ländlich geprägten sozialen Umfeld mit entsprechenden Verpflichtungen gelingt Riel überaus gut. Leon, Mirko, Karl und Danica bilden ein immer fragiler werdendes Beziehungsgeflecht. Das Schicksal jedes einzelnen ist verbunden mit den anderen. Riel nimmt sich Zeit, um ihre Figuren fest in der Geschichte zu verankern, hastet nicht durch die Ereignisse. Aber sie schweift dabei auch nicht unnötig ab, so entsteht schnell eine dichte, intensive Atmosphäre.

Die Geschichte spielt über mehrere Jahre, behält aber stets den Fokus auf ihren Figuren. Aus Kindern werden Jugendliche, werden Erwachsene. Alkohol und Gewalt erschüttern die Grundmauern von Beziehungen. Und auch Sexualität spielt eine große Rolle, stellt ein ebenso verbindendes Element unter den Figuren dar. Gelegentlich wirkt mit das zu sehr betont, wenngleich es sehr schön ausgestaltete zarte, intime Momente zwischen Danica und Mirko gibt.

Mögen die Zutaten der Geschichte etwas klischeebehaftet erscheinen, so macht Ane Riel das handwerklich geschickt. Kein Dialog und keine Wendung heischen nach schnellem Effekt. Trotz eher ruhigem Erzähltempo bleibt „Biest“ über die volle Länge von immerhin gut 500 Seiten spannend, bis zum dramatischen Ende, wenn sich die Ereignisse zuspitzen und das Schicksal unaufhaltsam seinen Lauf nimmt.

Fazit

„Biest“ ist eine dieser Geschichten, die einen derart schicksalhaften Verlauf nehmen, dass wir uns wünschen, manches wäre anders gekommen. Und so wirft uns Ane Riel in eine vielfältige Gefühlswelt, die uns ebenso berührt wie mitreißt.

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