Church Ladies
- Ars vivendi
- Erschienen: Mai 2022
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- übersetzt von Elke Link & Sabine Roth
- HC, 200 Seiten
Enttäuschende hochgelobte Anthologie
Deesha Philyaw kennt die Church Ladies zu Genüge. Bis sie aufs College ging, besuchte die Afroamerikanerin jeden Sonntag den Gottesdienst. Die Probleme schwarzer Frauen mit klerikaler Moral und familiären Problemen und Anforderungen hat sie in die neun Geschichten ihres Debüts gepackt, das hochgelobt und mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde.
Befreiung hat anscheinend wenige Motive
Deesha Pilyaw hat ihr Erstlingswerk u.a. „Und für alle, die sich befreien möchten“ gewidmet. Das von einer schwarzen Frau und die Verheißung auf einen „sensationellen Erzählband“ auf dem Cover haben mich sehr neugierig auf den Sensationserfolg aus den USA gemacht. Doch schon nach drei der neun Geschichten war klar, dass sich Frauen anscheinend nur von der Mutter, der Kirche und der herrschenden Sexualmoral befreien müssen. Alle Erzählungen handeln ausschließlich davon und werden höchstens noch durch die Beschreibung eines zerrütteten Elternhauses oder deftiger Sexszenen ergänzt. Ich hatte mir eine wesentlich differenziertere „Befreiung“ erwartet, denn Diskriminierung und Rassismus kommen, wenn überhaupt, nur am Rande vor. Gerade durch die Streuung über mehrere Generationen von Frauen hätten doch auch diese Themen ordentlich Grund zu einer Änderung hin zu mehr Freiheit geboten.
Kräftige Sprache mit rassistischen Einschlüssen
Man muss der Autorin zu Gute halten, dass sie ihre Geschichten in einer Sprache präsentiert, die nur so von Kraft strotzt. Aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen die Frauen sehr bildhaft von ihren Problemen, wobei der Aufbau immer ein anderer ist. Doch man muss sich auch auf Gewalt und vor allem eine rassistische Sprache einstellen, die jeder weißen Autorin mit Recht viel harsche Kritik eingebracht hätte. Doch Wörter, wie „Nigga“ oder Begriffe, wie „Negerzählen“ werden von Pilyaw ganz selbstverständlich benutzt und von den Übersetzerinnen als „… diese haben hier aber einen abbildenden Charakter und werden zudem von den Sprechern weitgehend wertfrei gebraucht“ entschuldigt. Wenn man solche verbalen Unmöglichkeiten in einem anderen Umfeld anprangert, sollte man sie selbst auch nicht benutzen, denn „wertfrei“ sind sie nie.
Fazit
Das hochgelobte Debüt von Deesha Pilyaw hat mich enttäuscht. Die geringe Diversität der Themen und die rassistische Sprache kann der ansonsten kräftigen Erzählstil nicht wett machen. Gerade von einer Afroamerikanerin hatte ich mir in dieser Hinsicht mit mehr erwartet.
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